Interview
Versicherer preisen nicht nur nützliche Policen an. Sie versuchen auch, Verträge unters Volk zu bringen, die kein Mensch benötigt. Welche das zum Beispiel sind und was Verbraucher beachten sollten, bevor sie ihre Unterschrift auf ein Papier setzen, weiß Hajo Köster. Mit dem Berater beim Bund der Versicherten (BdV) sprach unsere Mitarbeiterin Mandy Kunstmann.
Mandy Kunstmann: Herr Köster, was kann man bei Versicherungen alles falsch machen?
Hajo Köster: Viele Bürger sind überversichert. Sie besitzen Verträge, auf die sie getrost verzichten können. Auf Platz eins unserer Hitliste steht die Sterbegeldversicherung. Hinter der Police verbirgt sich nichts anderes als eine geldzehrende Kapitallebensversicherung. Wer sie abschließt, zahlt bei langer Laufzeit am Ende mehr ein als die Hinterbliebenen herausbekommen.
Kunstmann: Raten Sie von Kapitallebensversicherungen grundsätzlich ab?
Köster: Ja. Denn eine Kapitallebensversicherung
verspricht keine attraktive Rendite. Ursache sind die hohen
Abschluss- und Verwaltungskosten. Dazu kombinieren die Verträge eine Todesfallversicherung – die für die Kosten der Beerdigung einspringt – und einen Sparvorgang. Beides sollte aber getrennt sein. Denn wer in finanzielle Not gerät und den Beitrag für das Sparen nicht mehr aufbringen kann, dem wird dann auch nicht mehr die Beerdigung bezahlt. Das ist doch furchtbar.
Kunstmann: Von welchen Versicherungen sollten Verbraucher die Finger lassen?
Köster: Auf Platz zwei unserer Hitliste steht die Insassenunfallversicherung. Auch die braucht kein Mensch. Verursachen Autofahrer einen Unfall und werden Fahrgäste verletzt, tritt die Kfz-Haftpflicht ein. Trägt ein anderer Verkehrsteilnehmer die Schuld, zahlt dessen Versicherung.
Kunstmann: Unnötige Verträge sind das eine Problem. Was können Verbraucher noch in punkto Versicherungen falsch machen?
Köster: Wer einen Vertrag abschließt, sollte auf den richtigen Versicherungsumfang achten. Eine Haftpflichtpolice ist wichtig. Deckt sie aber nur Schäden bis zu einer Million Euro ab, ist das zu wenig. Wir empfehlen mindestens drei Millionen Euro. Auch der Hausrat sollte angemessen versichert sein. Wer eine Einrichtung besitzt, die 60.000 Euro wert ist, diese aber nur bis 30.000 Euro absichert, bekommt im Schadensfall nur jeden zweiten Euro ersetzt. Auch schlechte Vertragsklauseln machen keinen Sinn.
Kunstmann: Welche Klauseln sind das?
Köster: Wer beispielsweise eine Berufsunfähigkeitsversicherung abschließt, sollte darauf achten, dass diese keine Verweisklauseln enthält. Kann ein Koch seine Arbeit nach einem Unfall nicht mehr ausüben, weil er seinen Geschmackssinn verloren hat, würde ihm die Versicherung nichts zahlen müssen. Sie könnte darauf verweisen, dass der Gourmet schließlich noch als Kellner jobben könnte.
Bio-Box: Hajo Köster (50) ist seit einem Jahr Berater beim Bund der Versicherten (BdV). Zuvor war er 17 Jahre in der Verbraucherberatung tätig.