Contra: Bürgerprotest ernstnehmen

Muss der Staat Großprojekte wie Stuttgart 21 härter durchsetzen?

Mit langwierigen Planungsverfahren, Bürgerbeteiligung und Protesten muss eine Demokratie leben. Ohnehin richtet sich massiver Unmut nur gegen einige wenige Vorhaben. Die meisten Neubauten von Fabriken, Autobahnen, ICE-Trassen und Hightech-Laboren verursachen dagegen keine allzu große Gegenwehr der Bürger. Selbst eine riesige Flugzeugwerft im Naturschutzgebiet – Airbus in Hamburg – wurde gebaut. Und der Ökostrom-Anteil in Deutschland hat bereits 16 Prozent erreicht, vor allem durch Windparks an Land. Auch diese Energiewende wird offenbar nicht durch Berufsdemonstranten und klagebegeisterte Kleinbürger verhindert.

Dass Anwohner Großprojekte massiv verzögern oder gar verhindern, ist die Ausnahme. Kommt es doch zu solchen Beispielen, sind sie Ausdruck einer gesellschaftlichen Debatte, die geführt werden muss. Ob die Gegenargumente der Kritiker rationaler Überprüfung standhalten, darf dabei nur eine untergeordnete Rolle spielen. Massives Unwohlsein muss die Politik in jedem Falle ernstnehmen. Tut sie es nicht, riskiert sie Vertrauensverlust und noch stärkeren Protest beim nächsten Projekt.

Ein Irrweg wäre es, im Sinne eines starken Staates die Bürgerbeteiligung einzuschränken. Schließlich leben wir in einem demokratischen Rechtsstaat. Die unterschiedlichen Interessengruppen haben ein Recht darauf, beteiligt zu werden. Und dafür muss es verlässliche Verfahren geben. Welchen Sinn hätte Demokratie, würde die Beteiligung der Bürger jeweils dann eingedampft, wenn sie der Regierung nicht in den Kram passte?