Fragen und Antworten
Der Bundestag hat am Freitag eine neuerliche Gesundheitsreform beschlossen. Sie tritt am 1. Januar kommenden Jahres in Kraft und hat weit reichende Folgen für die Mitglieder der gesetzlichen Krankenkassen. Das sind die wichtigsten Fragen und Antworten dazu.
Wie teuer wird die Krankenversicherung im kommenden Jahr?
Die Koalition hat eine Anhebung des Beitragssatzes für die gesetzliche Krankenversicherung beschlossen. Deren Mitglieder bezahlen ab dem kommenden Januar 15,5 Prozent des Bruttolohnes, statt wie bisher 14,9 Prozent. Die Anhebung teilen sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer zur Hälfte. Pro 1.000 Euro Bruttolohn verteuert sich die Versicherung für die Beschäftigten um drei Euro im Monat. Dazu kommen bei einigen Krankenkassen noch Zusatzbeiträge, zunächst aber vermutlich nur bei wenigen Kassen. Diesen Aufschlag müssen Arbeitnehmer, Rentner oder Arbeitslose alleine tragen.
Was ändert sich langfristig?
Die Arbeitgeber werden an künftigen Kostensteigerungen im Gesundheitswesen nicht mehr beteiligt. Ihr Beitrag zur Krankenversicherung wird auf 7,3 Prozent des Lohnes dauerhaft festgeschrieben. Die Versicherten müssen für die auch weiterhin wachsenden Ausgaben alleine aufkommen. Dies geschieht über die Zusatzbeiträge, die jede Kasse erheben darf und die für all ihre Mitglieder gleich hoch sind. So zahlt der Chef mit gutem Einkommen denselben Betrag wie seine Putzfrau mit geringem Verdienst. Die Zusatzbeiträge werden allmählich ansteigen und einen immer größer werdenden Teil der Beitragszahlung ausmachen. Damit wird aus der bisherigen paritätische Finanzierung der medizinischen Versorgung schrittweise ein System mit weitgehend einkommensunabhängigen Pauschalbeiträgen.
Können sich sozial Schwache die Krankenversicherung weiterhin leisten?
Gesundheitsminister Philipp Rösler will mit einem Sozialausgleich aus Steuermitteln verhindern, dass sich Haushalte mit geringem Einkommen keine Krankenversicherung mehr leisten können. Wenn die Zusatzbeiträge mehr als zwei Prozent des Bruttolohnes ausmachen, übernimmt der Steuerzahler die darüber hinaus gehenden Beträge.
Werden alleine die Versicherten zur Kasse gebeten?
Auch alle anderen Beteiligten am Gesundheitswesen leisten einen Beitrag. Die Pharmaindustrie kann für neue Arzneien nicht mehr unbegrenzt extrem hohe Preise nehmen. Die Hersteller müssen den Zusatznutzen neuer Medikamente nachweisen und nach einem Jahr der Markteinführung den Preis dafür mit den Krankenkassen aushandeln. Das soll über zwei Milliarden Euro an Einsparungen bringen. Die Opposition hält diese Zahl für völlig übertrieben und wirft dem Minister Klientelpolitik vor, weil die anfänglich noch schärferen Nachweisanforderungen zwischenzeitlich verwässert wurden. Zudem begrenzt die Regierung zeitweilig den Anstieg der Vergütung von Ärzten. Die Krankenkassen müssen ihre Verwaltungsausgaben stabil halten.
Warum sprechen Kritiker von einer Drei-Klassen-Medizin durch diese Reform?
Es wird künftig aus Sicht der Opposition drei Kategorien von Patienten geben. An der Spitze stehen weiterhin Privatpatienten. Deren Versicherungen werden von der Bundesregierung begünstigt, weil der Wechsel aus der gesetzlichen Krankenversicherung in eine private für Gutverdiener erleichtert wird. Vor allem junge und gesunde Beschäftigte will die Versicherungsbranche zu sich herüber locken. Dazu fördert Rösler den Tarifwechsel der Kassenmitglieder in die so genannte Kostenerstattung. Dabei bezahlen die Patienten ihre Arztbesuche erst einmal selbst und erhalten von ihrer Krankenkasse anschließend einen Teil der Ausgaben zurück. Da die Ärzte hier höhere Honorare verlangen können, ist ihr Interesse an diesen Patienten groß. Für sie wird es daher schneller Termine und eine bessere Behandlung geben, meinen Kritiker. Am Ende der Rangliste stehen dann die restlichen Kassenpatienten, die sich eine Vorkasse nicht leisten können. Die Koalition bestreitet, dass diese Entwicklung eintreten wird.