Zum Abschluss des G20-Gipfels fordert Frankreichs Staatspräsident Nicolas Sarkozy „Kapitalismus mit Gewissen“
Für einen „Kapitalismus mit Gewissen“ hat Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy zum Abschluss des G20-Gipfels in Seoul plädiert. Bislang fehle der politische Konsens für ein koordiniertes „multinationales ökonomisches System“, sagte Sarkozy, als die Konferenz der 20 wichtigsten Wirtschaftsnationen am Freitag in der koreanischen Hauptstadt zu Ende ging.
Bundeskanzlerin Angela Merkel lobte die Einigung auf „nachhaltiges, ausbalanciertes und beständiges Wachstum“. Diesem Ziel haben sich die 20 Regierungen in ihrer Abschlusserklärung verpflichtet. US-Präsident Barack Obama warnte: „Wir drohen, in die Krise zurückzufallen.“ Um das zu verhindern, müssten alle G20-Mitglieder kooperieren. Nachdem sich die US-Regierung und die Bundesregierung tagelange Auseinandersetzungen über den aus US-Sicht zu hohen deutschen Exportüberschüss geliefert hatten, nannte Obama den chinesischen Staatschef Hu Jintao und Kanzlerin Merkel „wirkliche Freunde“.
Ansätze einer neuen Weltwirtschaftsordnung zeichnen sich im G20-Kommuniqué allerdings ab. Die Regierungen betonen die Notwendigkeit der Zusammenarbeit und schließen Kompromisse zu Streitpunkten.
Zur Frage der Währungen heißt es, die Kurse sollten sich mehr und mehr „am Markt“ bilden. Sie müssten „flexibel“ sein und die „zugrunde liegenden Fundamentaldaten reflektieren“. „Abwertungen aus Gründen der Marktkonkurrenz“ lehnen die Regierungen ab. Indem sie dies mittrug, hat die chinesische Regierung ein Zugeständnis gemacht. Der Renmimbi ist bislang an den Dollar gekoppelt und unterbewertet. Dadurch sind chinesische Waren auf dem Weltmarkt günstiger und verkaufen sich besser. Diese Exportförderung kritisieren die USA seit Jahren. Auch bei der Abschlusskonferenz sagte Obama noch einmal deutlich, dass „China seine Währung aufwerten muss“.
Ländern, die unter den manipulierten Währungskursen anderer Staaten leiden, spricht die Erklärung das Recht zu, sich mit entsprechenden Maßnahmen zu wehren. Dies ist ein Zugeständnis der G20 an Brasilien, das als Gegenmaßnahme gegen den Zustrom großer Dollar-Mengen die Steuern auf Kapitalimporte erhöht hat.
Gegen die deutsche und chinesische Politik der hohen Exportüberschüsse richtet sich die Kommuniqué-Formulierung, dass „Reformen die Abhängigkeit von ausländischer Nachfrage reduzieren sollen“. Die US-Regierung hatte im Vorfeld des Gipfels kritisiert, dass die beiden Länder auf Kosten ihrer Handelspartner leben, indem sie zuviel exportieren und zu wenig importieren.
Nun haben sich die Regierungen darauf verständigt, hohe Ungleichgewichte der Leistungsbilanzen künftig zu verringern. In der ersten Jahreshälfte 2011 soll deshalb ein Kriterienkatalog erarbeitet werden, der eine bessere Einschätzung schädlicher Handelspraktiken ermöglicht. Während der französischen G20-Präsidentschaft, die der augenblicklichen südkoreanischen folgt, soll eine erste Überprüfung anhand der neuen Kriterien stattfinden.
Die Regulierung des Finanzmarktes, die die G20 seit dem Bankrott der US-Bank Lehman Brothers vor zwei Jahren in die Wege geleitet haben, bezeichnete Sarkozy als „historisch“. Er und seine Kollegen begrüßten in Seoul die neuen Banken-Regeln des „Basel III“-Abkommens. Demnach müssen die Institute mehr Eigenkapital in Reserve halten, um künftig besser gegen etwaige Krisen gewappnet zu sein.
Auch die Reform des Internationalen Währungsfonds (IWF) fand die Zustimmung der G20. Rund sechs Prozent der Kapital- und Stimmanteile des Fonds werden von alten Industrieländern zu Schwellenländern wie China und Indien umverteilt. Mit der Zustimmung der G20 hat die IWF-Reform die wesentliche Hürde genommen.