Das Interview
Terror ist nicht nur unmenschlich, sondern trifft auch die Wirtschaft erheblich. Mit diesem Thema befasst sich Professor Friedrich Schneider von der Universität Linz. Der Volkswirt hat sich mit Forschungen über die Schattenwirtschaft, von der Schwarzarbeit bis zur organisierten Kriminalität einen Namen gemacht.
Frage: Lassen sich die wirtschaftlichen Schäden durch Terrorismus beziffern?
Friedrich Schneider: Es ist schwierig, aber in einem gewissen Korridor lassen sich die Schäden beziffern. Die Attentate in Madrid oder London haben zum Beispiel direkte Schäden in einer Größenordnung zwischen einer und zwei Milliarden Euro beziehungsweise Pfund verursacht. Dazu gehören Personen- und Sachschäden, aber auch die Folgeschäden für den Tourismus. Auch die Anschläge in Indien und Indonesien waren folgenreich, vor allem für den dort so wichtigen Tourismus, der einen Rückgang um fünf bis zehn Prozent hinnehmen musste. Das entspricht einem Verlust von bis zu acht Milliarden Dollar.
Frage: Ist der wirtschaftliche Schaden teil des Kalküls der Terroristen?
Schneider. Ein möglichst hoher Schaden gehört neben dem Tod möglichst vieler Menschen zu den Zielen der Attentäter der ihrer Hintermänner. Im indischen Mumbai haben die Terroristen dabei einen Volltreffer gelandet. Es gab viele Opfer aus unterschiedlichen Nationen, auch der Erzfeind Israel wurde so getroffen. Der Ort, das beste Hotel am Platze, sorgt noch heute für Einbußen bei den Besucherzahlen. Die Bevölkerung wurde verunsichert und verängstigt. Noch heute erinnert sich weltweit jeder daran. An diesen Folgen gemessen war der Aufwand für die Terroristen gering.
Frage: Inwieweit werden andere Branchen durch den Terror oder dessen Androhung getroffen?
Schneider: Es kann zu Beeinträchtigungen im internationale Handel kommen. Das lässt sich beim Thema Luftfracht gerade beobachten. Die Lieferzeiten verlängern wegen der stärkeren Kontrollen sich um bis zu eine Woche. Das treibt die Kosten dafür um zehn bis 15 Prozent in die Höhe. Auf die Verbraucherpreise schlägt dies nicht durch, weil der Anteil der Luftfracht zu gering ist. Den Schaden tragen die Firmen.
Frage: Lässt sich nicht umgekehrt auch ein positiver volkswirtschaftlicher Effekt feststellen, wenn beispielsweise durch höhere Sicherheitsanforderungen mehr Wachpersonal beschäftigt werden muss?
Schneider: Die Ökonomie der Sicherheit hat in der Tat zwei Seiten. Der Staat gibt mehr Geld für Sicherheit aus. In den USA wurde sogar ein eigenes Ministerium für den Heimatschutz gegründet. Es muss zusätzliche Sicherheitstechnik angeschafft werden, wie zum Beispiel Videokameras. Diese Investitionen haben einen Multiplikatoreneffekt. Nach dem Anschlag vom 11. September in New York bewirkten die zusätzlichen Sicherheitsausgaben in den USA ein zusätzliches Wachstum von einem Prozentpunkt. In den anderen wichtigen Ländern jeweils einen halben Prozentpunkt. Doch dieser Effekt ist nur vordergründig positiv. Denn am Ende muss der Steuerzahler dafür aufkommen. Der Staat hätte das Geld auch anders investieren können, in den Umweltschutz oder die Bildung. Dort wäre der Nutzen vermutlich viel größer.