Die Sprechblasen der Kanzlerin

Kommentar zu Staatsbankrott und Gläubigerhaftung von Hannes Koch

Die Macht von Politikern ist begrenzt. Zum Glück, sonst würden sie uns auf der Nase herumtanzen. Manchmal allerdings hat diese Limitierung ihre düstere Kehrseite. Dann, wenn sich die Regierungen gegen die mächtigen Wirtschaftsinteressen nicht durchsetzen wollen oder können. Dies ist im Falle der neuen EU-Regelung für Staatsbankrott und Haftung der Gläubiger wieder einmal geschehen.

Gerät ein Staat wie Griechenland oder Irland künftig in Zahlungsschwierigkeiten, sollen sich die privaten Investoren, Fonds und Banken freiwillig an seiner Sanierung beteiligen. Erst wenn der Staatsbankrott droht, müssen sie auf einen Teil ihrer Forderungen an das betreffende Land verzichten. So haben es die EU-Finanzminister am Wochenende beschlossen – und damit die privaten Gläubiger weitgehend aus der finanziellen Verantwortung entlassen.

Der Grund: Die Investoren – die so genannten „Finanzmärkte“ – sitzen am längeren Hebel. Erwägen die Finanzminister strenge Regelungen, erhöhen die Käufer von Staatsanleihen ihre finanziellen Forderungen gegenüber den Staaten, um spätere Verluste auszugleichen. Die Zinsen für Staatsanleihen steigen und damit auch die Kosten der Rettungspakete, die die Steuerzahler tragen müssen. So geschehen gerade im Falle Irlands.

Da denkt sich auch Kanzlerin Angela Merkel: Was interessieren mich meine Worte von vergangener Woche? Habe ich da im Bundestag den „Primat der Politik“ über die Finanzmärkte gefordert? Die Sprechblase der Kanzlerin hüllte uns ein – nun ist sie geplatzt. Sollten die Regierungen wirklich etwas gegen die Macht des Geldes unternehmen wollen, so ist es noch ein sehr langer Weg.