Ohne Vertrauen ist eine Währung nichts

Manche Bürger sind skeptisch, glauben aber noch an den Euro. Die großen Investoren dagegen haben stärkere Zweifel. Was ist die wichtigste Basis der europäischen Währung?

Die Verwirklichung einer gefährliche Idee propagiert der französische Ex-Fußballprofi und Schauspieler Eric Cantona. Am Dienstag, dem 7. Dezember, sollen Millionen Menschen in Europa zur Bank gehen und ihre Konten leerräumen. Die Aktion ist gedacht als Protest gegen das Bankensystem, das die Finanzkrise verursacht hat. Wieviele Bürger teilnehmen, muss man sehen. In jedem Fall aber besteht die Gefahr, dass mit dem Finanzsystem auch das Vertrauen in den Euro leidet.

Denn ohnehin steckt die gemeinsame europäische Währung in einer Vertrauenskrise. Grundsätzlich hat Geld zwei Funktionen: Erstens muss man mit ihm bezahlen können. Zweitens dient das Geld dazu, Werte für die Zukunft aufzubewahren. Gerade an dieser zweiten Funktion aber hegen manche Bürger allmählich Zweifel.

So meint der Bremer Ökonomie-Professor Rudolf Hickel, bei seinen Vorträgen eine „Skepsis der Bürger gegenüber dem Euro“ zu spüren. Seine Gesprächspartner seien vor allem dadurch alarmiert, dass Deutschland für die Schulden anderer Staaten geradestehen müsse, so Hickel. Und man befürchtet, dass die steigende Staatsverschuldung später zu Inflation, also Geldentwertung, führen könnte.

Die Zweifel der Bürger allerdings halten sich in noch in Grenzen. Denn trotz aller globalen Finanzkatastrophen der vergangenen Jahre sind die Deutschen und auch ihre Nachbarn mehrheitlich ruhig geblieben. Sie vertrauen darauf, dass der Wert des Geldes erhalten bleibt. Und die Regierungen tun alles, diese Hoffnung zu nähren. So versucht die Bundesregierung, die Neuverschuldung des Staates zu reduzieren und einen Teil künftiger Krisenausgaben den privaten Investoren aufzubürden. Zu einem Sturm auf die Bankkonten sahen die Bürger bisher deshalb keinen Anlass.

Was die großen Investoren, Banken und Pensionsfonds betrifft, sieht die Lage etwas anders aus. Dort macht sich der Vertrauensverlust stärker bemerkbar, als bei den Bürgern. Wenn Griechenland, Irland, Portugal, Spanien oder Italien steigende Zinsen für ihre Staatsanleihen zahlen müssen, bedeutet dies: Die Investoren verlangen einen Ausgleich für das in ihren Augen zunehmende Risiko von Staatsbankrotten.

Wenn beispielsweise der Euro-Staat Irland pleiteginge, würde das auch den Wert des Euro als deutscher Währung in Frage stellen. Um diesen Domino-Effekt zu unterbrechen, greifen die europäischen Regierung zu einem Trick. Starke Länder leihen den schwachen einen Teil ihres Vertrauens. Deutschland bürgt für Irland.

Aber verhindert das, dass der Euro scheitert? Nicht unbedingt. Denn auch das Vertrauen von Investoren in starke Ökonomien wie Deutschland, die Niederlande oder Finnland ist begrenzt. Wenn Deutschland sich mit Schulden für andere übernimmt, glauben die Geldgeber wohlmöglich Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble nicht mehr, dass er die deutschen Staatsanleihen zurückzahlen kann.

Wäre das Vertrauen in den Euro dann erschöpft? Nein, als nächstes würde die Europäische Zentralbank deutsche Staatsanleihen kaufen. Und sollte selbst diese Maßnahme nicht ausreichen, spränge der Internationale Währungsfonds ein, um den Euro-Länder zu stützen. Beim Euro-Rettungsschirm, den nun Irland in Anspruch nimmt, ist der IWF ohnehin schon beteiligt.

Man sieht: Das Bollwerk des Vertrauensschutzes ist tief gestaffelt. Die Investoren können wissen, dass es immer einen letzten Retter gibt, der für den Euro bürgt und europäische Schulden zurückzahlt. Deshalb ist unsere Währung eigentlich nicht in Gefahr – unter einer Voraussetzung: Dass nicht Leute wie Eric Cantona eine Massenhysterie auslösen und aus Spaß das Finanzsystem zum Einsturz bringen.