Ein „Ho-ho-ho“ ist nicht genug

Weihnachtsmänner verdienen gutes Geld/ Für den Job braucht es Ausdauer und starke Nerven

Auch Weihnachtsmänner sind käuflich. Jedes Jahr aufs Neue schlüpfen junge Studenten, gewiefte Schauspieler oder rüstige Rentner in rote Gewänder. Sie ziehen dorthin, wo sie gebraucht werden. Ihre Auftraggeber: Familien Kindergärten oder Unternehmen.  Die Touren versprechen satte Gewinne, verlangen im Gegenzug jede Menge ab.

„Man muss physisch und geistig extrem präsent sein“, sagt Stefan Grob vom Deutschen Studentenwerk (DSW). Mit ,Ho-ho-ho’ allein sei es nicht getan. Grob spricht aus Erfahrung. Als Student in Berlin hat ihn der Weihnachtsmann-Job Anfang der 1990er Jahre überaus glücklich gemacht. „Bis zu 600 D-Mark hatte ich Cash am Abend in der Tasche“, erzählt Grob, der inzwischen für die Pressearbeit beim DSW zuständig ist. Die Aufträge bekam er von der Jobvermittlung Heinzelmännchen des dortigen Studentenwerks, das mit Frankfurt am Main und Bonn eine der tüchtigsten Vermittlungsstellen besitzt.

Neben einigen Studentenwerken borgen auch Arbeitsagenturen Nikoläuse aus. Schon im Oktober gehen dort die ersten Anfragen nach Weihnachtsmännern, -frauen oder Engeln ein. Nicht in jeder Agentur ist der Service selbstverständlich. Während Freiburg oder Konstanz beispielsweise keine Rotröcke vermitteln, kann die Christkind-Börse in Stuttgart auf eine nahezu 60-jährige Tradition zurück blicken.

Die Agenturen verstehen sich als Mittler zwischen Angebot und Nachfrage. „Den Preis müssen die Parteien selbst aushandeln“, sagt Anja Huth. “20 bis 30 Euro pro Auftritt sind üblich“, so die Sprecherin der Bundesagentur für Arbeit. Für Betriebsweihnachtsfeiern oder Weihnachtsmarkteinsätze gibt es allerdings mehr.

Auf ihren Touren durch deutsche Wohnzimmer, Betriebskantinen oder Kitas erleben Weihnachtsmänner besinnliche und weniger besinnliche Momente. Alleinstehende Mütter stecken ihnen mit traurigen Blicken Telefonnummern zu, besoffene Väter torkeln ihnen mit Wodkaflasche in der Hand entgegen und Musikerfamilien stimmen die schönsten Festtagslieder auf ihren Streichinstrumenten an.

Allein die Vielfalt der Situationen macht das Geschenkeverteilen zu einer kniffeligen Angelegenheit. „Man muss sofort die Lage erkennen“, sagt DSW-Sprecher Grob. Sei die Stimmung gedämpft, dürfe man nicht gleich Halligalli machen. Außerdem müsse man Autorität ausstrahlen. „Der Weihnachtsmann darf sich nicht von betrunkenen Vätern die Show stehlen lassen“, so Grob. Nicht jeder ist deshalb für den Job geeignet. Und so achten die Vermittler zum Beispiel darauf, dass die Bewerber
kinderfreundlich und nicht auf den Mund gefallen sind.

Der schönste Job seines Lebens sei das damals gewesen, sagt Grob. Obwohl es ihm sehr viel abverlangt hätte. „Man muss die Rolle ernst nehmen“ sagt er. Und: „Weihnachtsmann ist eine Koordinationsaufgabe.“ Schließlich müssten vorher die Familien kontaktiert und zum Beispiel abgesprochen werden, ob es Tadel geben soll oder nicht.

15, 16 oder 17 Anfragen arbeitete Grob seineszeitens pro Abend ab – mit dem Fahrrad und manchmal bei minus zehn Grad. BA-Sprecherin Huth rechnet etwas anders: „In der Stadt schafft ein Weihnachtsmann an Heiligabend vielleicht sieben oder acht Besuche. Im ländlichen Raum wird das schon schwieriger.“ Doch egal ob nun sieben oder 17 Einsätze: Alkohol ist bei jedem einzelnen tabu. „Würde der Weihnachtsmann trinken, was ihm angeboten wird, wäre er nach der vierten Familie besoffen“, gibt DSW-Referent Grob zu bedenken.
Bei der allerletzten Familie könne man allerdings eine Ausnahme machen. Mehr dürfe nicht sein.