Europäisches Patentamt lehnt Schutzrechte für Züchtungen ab / Aigner will neue EU-Regeln für Biopatente
Unternehmen sollen keinen Patentschutz auf gezüchtete Tiere und Pflanzen erhalten. Das geht aus einem Urteil der Beschwerdekammer des Europäischen Patentamtes (EPA) hervor, das jetzt veröffentlicht wurde. Konkret ging es um bereits erteilte Schutzrechte für Brokkoli und Tomaten, gegen die Wettbewerber und Umweltschützer vorgegangen sind. Nun werden die Patente vermutlich wieder aufgehoben. „Endlich haben wir die Klarheit, die wir uns gewünscht haben“, begrüßt Landwirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU) den Beschluss. Auch der Bauernverband ist erleichtert. Der Verband fordert, dass Tiere und Pflanzen generell nicht patentiert werden dürften.
Das Patentrecht ist kompliziert. Im vorliegenden Fall hatte eine britische Firma ein technisches Verfahren entwickelt, mit dem Brokkoli-Pflanzen, die einen hohen Gehalt von krebsbremsenden Inhaltsstoffen aufweisen, erkannt werden. Diese Pflanzen werden dann weiter gezüchtet. Das Unternehmen beanspruchte einen Patentschutz für die Samen und den Brokkoli selbst. Das EPA sagt nun, dass es sich hierbei um eine normale Züchtung handelt, die nicht patentfähig ist. Das zum Einsatz kommende technische Verfahren ändere daran nichts. Ähnlich liegt der Fall der Tomate aus Israel, die besonders wenig Wasser beinhaltet und im Wesentlichen ebenfalls über ein Zuchtverfahren produziert wird. Experten vermuten, dass die erteilten Patente nun wieder kassiert werden.
In den letzten Jahren gab es immer wieder Versuche zu einer weitgehende Patentierung von Nutzpflanzen und Nutztieren. Für technische Verfahren werden Schutzrechte auch zugesprochen, wenn beispielsweise durch den Einsatz von Gentechnik Organismen verändert werden. Nur generelle Patente auf Saatgut, Tierrassen und einzelne Pflanzensorten sind verboten. Diese Regelung wird nach Ansicht von Umweltschützern immer häufiger umgangen, in dem der Natur mittels Technik auf die Sprünge geholfen wird. „Damit ist noch kein Durchbruch erzielt worden“, glaubt der Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft nach dem Beschluss der Beschwerdekammer. Das europäische Recht müsse so geändert werden, dass Patentanträge für Pflanzen und Tiere gar nicht mehr angenommen werden.
Aigner will in Brüssel ebenfalls auf eine strengere Regelung pochen. „Jetzt müssen wir uns um die Reichweite von Patenten kümmern“, erläutert die Politikerin. Denn die Biopatentrichtlinie der EU ermöglicht Patente einzelner Pflanzen und Tiere sowie deren Nachkommen. Dies geht der Bundesregierung zu weit. „Die Schöpfung gehört allen Menschen“, stellt die Ministerin klar. Nun sucht sie in Brüssel nach Unterstützern für eine Änderung der Richtlinie.
Die Patentierung ist nicht nur ethisch umstritten. Es geht um handfeste wirtschaftliche Interessen. Am Ende könnten die Rechte an Nutztieren und Pflanzen in den Händen weniger Konzerne liegen. Vom Landwirt bis zum Verbraucher würden dann Lizenzgebühren fällig. Wie die Zukunft dann aussehen könnte, hat das Unternehmen Monsanto bereits einmal vorgeführt. Der Konzern wollte Lizenzrechte für Schweine durchsetzen, die mit dem Genmais des Unternehmens gefüttert wurden. Daraus wurde nichts.