Merkel will nicht draufzahlen

Was tut die Politik, um den Euro zu stabilisieren? Ist es für Deutschland ratsam, die gemeinsame Währung mit viel Geld zu stützten? Ab Donnerstag tagt der EU-Gipfel und beschließt ein Verfahren gegen Staatsbankrott

Euro-Krise, steigende Schulden, Gefahr des Staatsbankrotts – ab Donnerstag treffen sich die Regierungen der EU, um die gemeinsame Währung zu stabilisieren. Muss Deutschland weiter für andere Länder zahlen? Unsere Zeitung beantwortet die wichtigsten Fragen.

Wieso ist der Euro noch immer in Turbulenzen?

Nachdem sich Irland unter den 750-Milliarden-Euro-Rettungsschirm geflüchtet hat, attackieren die internationalen Investoren weitere Euro-Staaten, darunter Portugal, Spanien und Belgien. Die Zinsen, die diese Staaten für ihre Staatsanleihen zahlen müssen, sind gestiegen, und es besteht die Gefahr, dass die Kosten der Staatsverschuldung ihre Finanzkraft bald übersteigen. Mehrere Staaten könnten aus der Euro-Zone herausbrechen.

Wie versucht die Politik die Krise einzudämmen?

Ökonomisch starke Länder wie Deutschland, Frankreich oder die Niederlande übernehmen Garantien für schwächere Staaten wie Griechenland und Irland. Indem Deutschland einen Teil des Rettungsschirms garantiert, sagt die Bundesregierung den internationalen Investoren: Im äußersten Notfall bezahlen wir die Verbindlichkeiten der verschuldeten Nachbarn. Damit sinken die Zinsen der schwächeren Staaten. Bei allen Notmaßnahmen geht es immer darum, das Risiko auf mehrere starke Schultern zu verteilen.

Warum soll Deutschland anderen helfen?

45 Prozent der deutschen Ausfuhren gehen in den Euro-Raum. Bricht dieser auseinander, würde der deutsche Export massiv leiden. Die Kosten dieser Krise wären vermutlich höher als die Kosten der Euro-Rettung.

Muss Deutschland bald Milliarden zahlen?

Augenblicklich sind die realen Kosten, die die Euro-Krise verursacht, gering. Weil Deutschland allerdings immer mehr Risiken für schwache Staaten übernimmt, steigen auch die Zinsen deutscher Staatsanleihen. Beschleunigt sich dieser Effekt, kann das pro Jahr schnell Milliarden Euro kosten. Das ist der Hintergrund der Debatte über die so genannten Euro-Anleihen, die Luxemburgs Ministerpräsident Jean-Claude Juncker angeregt hat. Bislang gibt es solche gemeinsamen Verschuldungspapiere aller Euro-Staaten im Prinzip nicht. Bundeskanzlerin Angela Merkel lehnt sie ab. Ihr Argument: Die Zinsen für Deutschland wären höher als heute, weil auch die schwachen Staaten an den Euro-Anleihen beteiligt wären. Merkel will nicht, dass Deutschland draufzahlt. Sie glaubt, die Wähler würden das nicht mittragen.

Streiten Merkel und Finanzminister Schäuble?

CDU-Finanzminister Wolfgang Schäuble vertritt einen anderen Akzent. Für ihn haben die Zusammenarbeit in Europa und die gegenseitige Hilfe der Staaten untereinander einen höheren Stellenwert. Die Einführung neuer Euro-Anleihen lehnt Schäuble deshalb nicht grundsätzlich ab. Allerdings legt er die Hürde sehr hoch. Wenn sich die Euro-Staaten gemeinsam verschulden, müssten sie auch eine gemeinsame Haushaltspolitik betreiben und beispielsweise die nationale Hoheit über den Bundeshaushalt teilweise nach Europa übertragen.

Warum sollte Deutschland Macht abgeben?

Bislang hat die Euro-Zone eine gemeinsame Währung, aber eine schwache gemeinsame Politik. Die Grenze der maximalen jährlichen Staatsverschuldung von drei Prozent im Verhältnis zur Wirtschaftsleistung existiert zwar, wird aber kaum eingehalten. Die steigende Verschuldung einzelner Staaten begünstigt die Angriffe der Investoren auf den Euro. Grundsätzlich sind sich die Regierungen deshalb einig: Man muss den Maastricht-Vertrag verschärfen und gemeinsam an der Sanierung der Staatsfinanzen der Euro-Gruppe arbeiten. Ein entsprechender Plan von EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy soll bald umgesetzt werden.

Droht der Staatsbankrott eines Euro-Landes?

Nein, zur Zeit verhindert ihn der vorläufige 750-Milliarden-Rettungsschirm. Der aber läuft in zwei Jahren aus. Ab dann soll es einen permanenten Rettungsschirm geben. Zahlungsunfähige Staaten könnten damit einen Teil ihrer Schulden annullieren.