Wo immer soziale Dienste gefordert sind, stehen die Kirchen weit vorne
In einer Jesusepisode des Neuen Testaments steht ein Samariter für die tätige Nächstenliebe. Ein Verletzter lag am Wegesrand. Während die Würdenträger achtlos am Blutenden vorbeizogen, half der Samariter mit Verbandszeug und einer Unterkunft. Diese Haltung haben sich die Kirchen, zumindest verbal, auf die Fahne geschrieben. Soziale Dienste für Menschen stehen auf der Liste der Aktivitäten von Katholiken und Protestanten weit oben.
Aus dem legendären guten Samariter sind im Verlauf der Jahrhundert gut organisierte Träger von sozialen Diensten geworden. Der Ende des 19. Jahrhunderts gegründete katholische Caritasverband ist in Deutschland der größte Träger mit fast einer halben Million Beschäftigten. Es gibt kaum einen Sektor, in dem die Caritas, benannt nach dem lateinischen Wort für Nächstenliebe, nicht vertreten ist. Auf Seiten der evangelischen Kirche gibt es mit dem Diakonischen Werk ein entsprechendes Pendant.
Die Jahresstatistiken der beiden Trägerorganisationen zeigt die Spannweite der Angebote. Allein die Caritas betreibt 539 Kliniken und fast 1.800 Sozialstationen oder ambulante Dienste. Dazu kommen nahezu 2.000 Altenpflegeeinrichtungen. Auch bei der Kinder- und Jugendhilfe, in der Ausbildung des Pflegepersonals und bei der Betreuung von Familien ist das katholische Werk stark vertreten.
Selbst die umstrittene Schwangerschaftsberatung hat die Kirche nie aufgegeben. 270 Beratungsstellen verzeichnet die Aufstellung. Heikel wurde diese Aufgabe mit der gesetzlichen Freigabe von Abtreibungen. In den Augen der katholischen Kirche handelt es sich dabei um die Tötung von ungeborenem Leben. Aus der Beratung wollte sich die Kirche dennoch nicht verabschieden. Nun können sich Schwangere helfen lassen. Doch der für einen Abbruch notwendigen Beratungsschein wird nicht ausgestellt.
Das Gesundheits- und Pflegewesen in Deutschland würde ohne die christlichen Werke zusammenbrechen. Umsonst sind diese Leistungen allerdings nicht. Die Auftraggeber vergüten die Leistungen der einzelnen Einrichtungen. Umsatz und Gewinn aus dieser Tätigkeit sind Geheimsache. Dabei geht es aber um viele Milliarden Euro im Jahr. Das Institut der Deutschen Wirtschaft (IW) schätzte in einer der wenigen vorhandenen Studien das Umsatz der fünf großen Wohlfahrtsverbände auf 55 Milliarden Euro. Der Kirchenkritiker Carsten Frerk schreibt allein dem Diakonischen Werk knapp 50 Milliarden Euro zu. Genau weiß es außerhalb der Organisation niemand. Genauso im Dunkeln bleibt der Ertrag. Eines schreibt die Satzung allerdings vor. Gewinne dürfen nicht ausgeschüttet werden. Sie sollen also allein der weitere sozialen Arbeit dienen.