Die Grenzen der Moral

Kirchenbanken versprechen ethische Geldanlage, wollen ihre Ansprüche aber nicht immer einhalten. Serie „Wirtschaftsfaktor Gott“

Die „Moralisierung des Marktes“ beschreibt der Konstanzer Kulturwissenschaftler Niko Stehr. Die Bürger würden zunehmend Produkte nachfragen, die gewissen ethischen Kriterien genügten. Weil dieser Sinneswandel auch für die Geldanlage gilt, erfreuen sich manche Institute wachsender Attraktivität – darunter die acht deutschen Kirchenbanken. Ob diese ihre hohen moralischen Ansprüche aber immer erfüllen, darf man bezweifeln.

Mit ihrer Bilanzsumme von rund 31 Milliarden Euro (2009) gehören die fünf katholischen und drei evangelischen Institute zwar zu den kleinen Geldhäusern im Lande. Zum Vergleich: Alleine die Deutsche Bank bringt es auf eine Bilanzsumme von 1.500 Milliarden. Doch der Anteil alternativen Investments steigt an. Davon profitieren nicht nur sozial und ökologisch ausgerichtete Institute wie die GLS-Bank und die Umweltbank, sondern eben auch die konfessionell gebundenen Finanzhäuser.

Wegen ihrer Verbindungen zu den Kirchen versuchen diese, besonders hohe Maßstäbe anzulegen. Das Verkaufsargument, mit dem sie neben traditionellen Kunden wie Landeskirchen und Diakonie zunehmend auch Privatanleger ansprechen, lautet „Glaubwürdigkeit“. Die Aktien von aus christlicher Sicht moralisch fragwürdigen Unternehmen sollen in den Fonds nicht enthalten seien. Firmen aus den Bereichen Alkohol, Atomenergie, Glücksspiel, Pornografie, Tabak und Rüstung werden für tabu erklärt.

Und auch in ökologischer Sicht will man führend sein. Ein Beispiel für diese Anlagestrategie bietet die evangelische Bank für Kirche und Diakonie mit Hauptsitz in Dortmund. Um die Kunden von den hohen ethischen Standards der Geldanlage zu überzeugen, hat man extra einen „Nachhaltigkeitsfilter“ entwickelt.

Unter anderem mit Hilfe dieses Instruments empfiehlt die KD-Bank ihren Kunden den Fonds „KCD-Union Nachhaltig Aktien“. Nach Auskunft der Fondsgesellschaft Union Investment fließt damit ein Teil des Anlagekapitals in Aktien des britisch-australischen Bergbau-Unternehmens Rio Tinto. Das aber ist eine für ethisch motivierte Geldanleger problematische Entscheidung: Stand Rio Tinto in den vergangenen Jahren doch unter massiver Kritik wegen Korruption und Wasserverschmutzung.

Die Unternehmenspolitik des Bergbau-Konzerns will KD-Bank-Sprecherin Susanne Hammans nicht kommentieren. Sie sagt aber: „Es ist nach unserer Einschätzung wichtig, dass nachhaltige Aspekte bei der Geldanlage eine Rolle spielen und in einem angemessenen Verhältnis zu den Kriterien Rendite, Liquidität und Sicherheit Berücksichtigung finden.“ Selbst eine Bank mit höchsten Ansprüchen scheint mitunter die Renditeerwartung über die ethischen Standards zu stellen.