Kellner Brüderle bringt magere Kost

Wirtschaftsminister Rainer Brüderle, der vermeintliche neue starke Mann der FDP in der Bundesregierung, kann sich gegen die Union oft nicht durchsetzen

Schon Bundeskanzler Gerhard Schröder hatte festgestellt, wie die Kräfteverhältnisse in einer Koalition beschaffen sind, der eine große und eine kleine Partei angehören. Sich selbst sah er als Koch, der das Menü der Politik zusammenstellte, die Grünen nur als Kellner, die es servierten. Ähnliches erfährt in diesen Tagen auch Wirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP): Mit zentralen Anliegen blitzt er bei der Union ab.

Sowohl die politische Bedeutung der FDP, als auch die ihres Wirtschaftsministers schrumpfen. Was die Partei betrifft, hat das mit der angeschlagenen Position ihres Vorsitzenden und Außenministers Guido Westerwelle und der mangelnden Zustimmung in Wählerumfragen zu tun. Bei Rainer Brüderle, liegt die Sache etwas anders. Zwar schien er sich in den vergangenen Wochen auf Kosten Westerwelles als starker Mann der FDP in der Regierung profilieren zu können, doch entspricht dieser Eindruck nicht seiner tatsächlichen politischen Durchsetzungskraft.

Vor allem in ihrem Kerngebiet der Steuerpolitik scheitern die Liberalen regelmäßig an der Union. Der von seiner Krankheit genesene und wieder erstarkte Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) billigt dem Koalitionspartner wenig Einfluss zu. Geradezu düpiert wurden Brüderle und seine Partei, als Schäubles Haushaltsstaatssekretär Werner Gatzer unlängst den Abschluss des Bundeshaushaltes 2010 präsentierte. Angesichts der Nachwehen der Finanzkrise fiel die Neuverschuldung mit 44 Milliarden Euro unerwartet niedrig aus. Und doch ließ Gatzer im Auftrag Minister Schäubles wieder keinen Zweifel daran: „Finanzielle Spielräume gibt es nicht“. Das war als klare Ablehnung der Steuersenkungen gedacht, die sich Brüderle wünscht. Auch dessen Veröffentlichung des Jahreswirtschaftsberichtes mit guten Wachstumszahlen am Mittwoch wird nichts daran ändern, dass der Wirtschaftsminister mit leeren Händen dasteht.

Steuerpolitische Erfolge der FDP sehen augenblicklich so aus: Sie muss mit allen Mitteln darum ringen, für 2011 eine Mini-Entlastung der Bürger um pro Kopf 20 Euro jährlich durchzusetzen – die Erhöhung der Werbungskostenpauschale für Arbeitnehmer. Die FDP glaubte wenigstens dieses Zugeständnis seitens der Union sicher, nun will Schäuble es auf 2012 verschieben. Am Montag zeichnete sich kein Kompromiss in dieser Frage ab.

Auch in der Euro-Krise werden die Liberalen demnächst wohl wieder unliebsame Entscheidungen mittragen. Zwar spricht sich Brüderle bei jeder Gelegenheit vehement dagegen aus, mehr deutsches Geld als Garantien für bedrohte Euro-Staaten einzusetzen. Doch Finanzminister Schäuble lässt erkennen, dass er im Notfall bereit wäre, noch einmal ein paar Milliarden Euro draufzulegen. Und schließlich ist er es, der in Brüssel über die Euro-Rettung verhandelt, nicht Brüderle.

Ebenso schlecht steht es um die Forderungen der FDP in den Verhandlungen über Hartz IV. Um einen Kompromiss zustande zu bringen, sind SPD und Union kurz davor, der widerspenstigen FDP die Zustimmung zum Mindestlohn in der Zeitarbeitsbranche abzuringen. Monatelang hatten sich die Wirtschaftsliberalen dagegen gewehrt. Auch hier muss Kellner Brüderle seinen Gästen magere Kost servieren.