Gaddafis Benzin in deutschen Autos

Tankstellenkette HEM gehört Libyen / Am Freitag wird die EU-Sanktionen gegen Unternehmensbeteiligungen des Regimes verhängen

Viele Autofahrer in Deutschland füllen dem libyschen Diktator Muammar al-Gaddafi ohne ihr Wissen die Kriegskasse. Denn mit jedem Liter Sprit an den Tankstellen der Marken HEM und Tamoil landet ein wenig mehr Gewinn als dem Ölgeschäft in seinem Imperium. Die Ölgesellschaft Tamoil zählt zu den europäischen Investments des nordafrikanischen Staates. Hierzulande betreibt das Unternehmen bundesweit einige Hundert Zapfanlagen und will noch weiter zulegen.

Ob das gelingt, ist derzeit eher fraglich. Denn die EU beabsichtigt, mit Sanktionen gegen libysche Investoren und Privatleute zum Abgang Gaddafis beizutragen. Seit dem 2. März sind per Verordnung bereits die Konten der 25 wichtigsten Mitglieder seiner Familie gesperrt. In der Verordnung 204/2010 des Europäischen Rates werden etliche Söhne des Regenten und ihm eng verbundene Führungskräfte aufgeführt. Ein Cousin habe demnach „direkt an terroristischen Aktivitäten teilgenommen“, ein Schwager sei „in Abwesenheit wegen des Bombenanschlags“ auf ein Flugzeug verurteilt worden. Auch militärische Ausrüstungsgüter dürfen nicht mehr an den Wüstenstaat verkauft werden.

Noch darf Gaddafi seinen Sprit in Deutschland veräußern. Damit könnte es aber auch bald vorbei sein. Denn an diesem Freitag wollen die EU-Mitglieder weitere Sanktionen gegen das Bürgerkriegsland beschließen. Damit sollen auch Firmenbeteiligungen praktisch eingefroren werden. Doch woher wissen die Behörden, wer hinter den europäischen Kapitalgesellschaften steht? Das Bundeswirtschaftsministerium verweist auf die Sammlung aller Erkenntnisse der EU-Länder. Da spielen die Recherchen der Geheimdienste wohl die wichtigste Rolle.

Im Falle Tamoil ist der Nachweis scheinbar leicht. Dem Unternehmen gehören die HEM-Tankstellen. In Hamburg betreibt es auch eine Raffinerie zur Benzinherstellung. Tamoil ist Teil der niederländischen Firma Oilinvest, die dem Staatsfonds Libyan Investment Authority (LIA) zugerechnet wird. Äußern mochte sich Tamoil am Mittwoch nicht zu den bevorstehenden Sanktionen, in deren Folge seine Geldflüsse eingeschränkt werden könnten. Welche Auswirkungen das auf den Kauf von Erdöl und den Verkauf von Benzin durch Tamoil haben wird, ist bislang nicht abzusehen.

Der Fonds LIA des Gaddafi-Clans hält noch weitere Unternehmensbeteiligungen in Europa. Anteile am Fußballclub Juventus Turin zählen ebenso zu den Beteiligungen wie die an der renommierten Financial Times in London.