Klagen von Eigentümern gegen Firmenvorstände wegen der AKW-Abschaltung seien ziemlich aussichtslos, sagen Juristen
Die sofortige und möglicherweise endgültige Abschaltung von sieben Atomkraftwerken in Deutschland ist auch ein Eingriff in die Eigentumsrechte der Aktionäre der vier betroffenen Energieunternehmen. Trotzdem hätten Klagen von Privataktionären gegen die Konzernvorstände kaum Aussicht auf Erfolg, argumentieren Juristen.
Wegen der Atomkatastrophe in Japan hat die Bundesregierung ihr Atom-Moratorium verfügt. Sieben alte AKW müssen mindestens vorläufig vom Netz und erhalten möglicherweise auch keine Laufzeitverlängerung, die der Bundestag erst vor einem halben Jahr beschlossen hat. Die Vorstände von E.ON, RWE, EnBW und Vattenfall sind in der Defensive und hoffen, wenigstens ihre neueren Atomkraftwerke zu retten. Begehen die Vorstände mit dieser Kompromissbereitschaft aber nicht eine Pflichtverletzung gegenüber den Aktionären, die ja bald auf die Gewinne und Dividenden aus den profitablen alten Kraftwerken verzichten müssen?
„Nein“, sagt Joachim Wieland, Jura-Professor der Verwaltungshochschule Speyer. Grundsätzlich könnten Aktionäre zwar klagen. Die Vorstände würden den Klägern aber entgegenhalten, dass die Abschaltung der alten Atomkraftwerke im Interesse der Eigentümer liege. Wie das? Würden sich die Vorstände dem politischen Druck widersetzen, setzen sie möglicherweise auch die Betriebsgenehmigung für jüngere Kraftwerke aufs Spiel. Damit aber wäre der Vermögensschaden zu Lasten der Aktionäre noch viel größer. Unter dem Strich hätten die Vorstände also im Interesse der Aktionäre gehandelt, so Wieland. Ähnlich sieht das Jurist Christoph Schalast von der Frankfurt School of Finance. Es werde für die Aktionäre sehr schwer, den Vorständen eine Pflichtverletzung nachzuweisen, so Schalast. Man könne davon ausgehen, dass die Vorstände zusammen mit den Aufsichtsräten, die die Aktionäre vertreten, Kosten und Nutzen der Abschaltung sorgfältig abgewogen hätten.
Der Energiekonzern RWE, dem unter anderem das Atomkraftwerk Biblis in Hessen gehört, wollte sich zu möglichen Klagen am Mittwoch nicht äußern. „Wir warten jetzt erst einmal die Gespräche ab, zu denen uns die Regierung einladen will“, hieß es in der Konzernzentrale in Essen.