Frauen erben mehr als Männer. Die Zahl der Immobilien-Nachlässe steigt stark. Die Regionen Rhein-Main und Südwesten sind dabei Spitzenreiter. Umfrage der Postbank
Menschen in Ostdeutschland streiten sich seltener um Erbschaften als die Bürger der westlichen Bundesländer. Sind die Ostdeutschen also friedlicher oder sozial kompetenter? Nein, vermutlich hat das niedrigere Konfliktpotential damit zu tun, dass die Erbschaften im Osten geringer ausfallen als im Westen. Bei kleinen Beträgen scheint es weniger Grund zum Streit zu geben, als wenn sich die Geschwister über eine Millionen-Immobilie am Bodensee einigen müssen, die ihnen die Eltern hinterlassen haben.
Dieser Befund und die Schlussfolgerung sind Ergebnisse einer Studie, die das Institut für Demoskopie Allensbach im Auftrag der Postbank durchgeführt hat. Mit der „Erbschaftsstudie 2011“ wollte die Bank Daten über das Erbverhalten der Deutschen zusammentragen, die ihr bislang fehlten. Das Ziel der Postbank ist es unter anderem, die eigene Beratungsleistung besser auf die Bedürfnisse der Kunden abzustimmen.
Um seine Erkenntnisse zu gewinnen, hat Allensbach Anfang 2011 gut 1.800 Bundesbürger befragt. Bei der repräsentativen Umfrage kam heraus, dass 32 Prozent der Bundesbürger in den vergangenen Jahrzehnten bereits mindestens ein Mal geerbt haben. Und fast 25 Prozent der Deutschen rechnen damit, dass sie in den kommenden 20 Jahren Werte von ihren Vorfahren vermacht bekommen. Männer erben seltener als Frauen, denn diese leben oft länger
Fast die Hälfte der Erbschaften nehmen sich dabei relativ bescheiden aus. 49 Prozent der Fälle lagen bisher unter 25.000 Euro. „Interessant ist aber eine gewisse Häufung zwischen 100.000 und 250.000 Euro“, sagte Postbank-Vorstand Michael Meyer. In dieser Gruppe muss man wohl den Mittelstand und das Bürgertum ansiedeln. Zumeist bestehen die Nachlässe aus Möbeln, Geld und selbstgenutzten Immobilien.
Gerade bei letzteren aber sieht die Postbank künftige Veränderungen. „Der Anteil von Immobilienvermögen wird stark ansteigen“, sagte Meyer. Ebenso rechnen Allensbach und die Bank mit einer Zunahme bei der Vererbung großer Vermögen. Hier spiegelt sich der zunehmende Wohlstand der Deutschen. Allerdings profitieren nicht alle soziale Gruppen. Der Anteil potenzieller Erben, die kleinere Beträge etwa bis 10.000 erhalten werden, nimmt überproportional ab. Offenbar haben die ärmeren Leute bald weniger zu vererben als früher.
Bei der regionalen Verteilung zeigt sich, dass die Anzahl der Erbschaften im Westen in der Region Rhein-Main-Südwest, die auch Baden-Württemberg umfasst, am höchsten ist. 31,6 Prozent der Befragten profitieren dort vom Wohlstand zumeist ihrer Eltern oder Großeltern. Übertroffenen wird dieser Wert nur in Thüringen-Sachsen, was wohl auf die Rückgabe von Privateigentum zurückzuführen ist, dass die DDR-Behörden konfisziert hatten. Nordrhein-Westfalen lag bei 28,5 Prozent.
Auffällig ist, dass in Bayern mit Abstand die meisten Unternehmen vererbt wurden. Bei rund sieben Prozent der Befragten war dies dort der Fall. Vermutlich hängt das mit der immer noch agrarisch geprägten Struktur des Landes zusammen. Im Südwesten erhielten 3,5 Prozent einen Betrieb von den Vorfahren, in NRW 3,3 Prozent. Die entsprechenden Zahlen im Osten lagen viele niedriger.
Die meisten Immobilien wurden eindeutig im Südwesten weitergegeben. 46,1 der Erben erhielten dort ein Haus oder ein Grundstück. Darauf folgten NRW mit 42,7 und Norddeutschland mit gut 37 Prozent.
Info-Kasten
Streit um´s Erbe
Bei jeder sechsten Erbsschaft gab es Streit um´s Erbe, hat die Studie von Allensbach und Postbank ergeben. Dass ein Testament fehlt, ist dafür nicht die wichtigste Ursache. Der wesentliche Grund ist das Gefühl einer vermeintlichen Benachteiligung, das manche Erben empfinden. Dieser Neid stellt sich besonders dann ein, wenn es um hohe Beträge in der Größenordnung von mehreren hunderttausend Euro oder gar Millionen geht.