Euro-Austritt ist keine Lösung

Debatte über Griechenland: Soll Athen zu seiner alten Währung Drachme zurückkehren? Die Folgen wären fürchterlich, sowohl für Griechenland, als auch für Deutschland.

Die Europäischen Regierungen und Ökonomen diskutieren wieder heftig über Griechenland. Die Frage lautet: Stabilisiert sich die Lage des Mittelmeerlandes durch das Euro-Rettungspaket oder sind doch drastischere Maßnahmen notwendig – etwa der Austritt aus der Euro-Zone oder eine teilweise Entwertung der hohen Schulden?

Die Debatte kommt jetzt wieder in Gang, weil die griechische Regierung auf erträglichere Kreditkonditionen seitens der Euro-Zone und des Internationalen Währungsfonds drängt, am Freitag Abend Finanzminister Wolfgang Schäuble mit seinen Kollegen in Luxemburg über Griechenland konferierte und ein Papier aus dem Finanzministerium kursiert, in dem Schäubles Mitarbeiter die Folgen eines Austritts aus der Euro-Zone analysieren.

Die Lage Griechenlands ist bedrohlich, weil die Schuldenlast den Staat möglicherweise überfordert. Angesichts einer Wirtschaftsleistung von rund 230 Milliarden Euro (Prognose für 2011) hat Athen mittlerweile Schulden von etwa 340 Milliarden Euro. Diese belasten das Land jährlich mit Zinszahlungen von mindestens 20 Milliarden Euro – knapp zehn Prozent der Wirtschaftsleistung. Zum Vergleich: In Deutschland liegen die Kosten des Schuldendienstes bei zwei bis drei Prozent.

Wenn ein Land so viel Geld für Zinsen ausgeben muss wie Griechenland, fehlen ihm die Mittel für Investitionen, Straßenbau, Lehrergehälter und Sozialausgaben. Die Regierung spart im ärgsten Fall so stark, dass reihenweise Unternehmen mangels Aufträgen pleitemachen, die Arbeitslosigkeit steigt und das Wirtschaftswachstum in eine Schrumpfung übergeht. Dieser Prozess ist in Griechenland bereits im Gange. Die Sparauflagen der Euro-Zone und des IWF beschleunigen ihn zum Teil.

Auf den ersten Blick kann der Austritt aus der Euro-Zone diesen Druck verringern. Mit der Rückkehr zu seiner alten Währung Drachme wertet diese gegenüber dem Euro stark ab. Ergebnis: Die griechischen Waren werden viel billiger, Urlaub auf den Insel günstiger, die Wirtschaft erholt sich. Auf den zweiten Blick allerdings ist das ein Trugschluss. Denn auch im Falle des Austritts bleiben den Griechen ihre Auslandsschulden in Euro. Wegen des fallenden Wertes der Drachme steigt umgekehrt der Wert der Euro-Verschuldung massiv an. Staat, Banken und viele Unternehmen sind quasi sofort pleite.

Aber die Folgen reichten noch weiter. Der Austritts Griechenlands könnte den Zerfall der Euro-Zone einleiten, argumentiert Ökonom Folker Hellmeyer von der Bremer Landesbank. Die deutsche Exportwirtschaft würde empfindlich geschädigt. „Ein Fall der Euro-Zone bringt für Deutschland Budgetrisiken, die mehrere hundert 100 Milliarden Euro ausmachen.“

Als sanfter und für alle Beteiligten erträglicher erscheint deshalb die teilweise Entwertung der griechischen Schulden. Mit verschiedenen Methoden lässt sich die Schuldenlast reduzieren. Wie unlängst bereits einmal geschehen, könnten erstens die Zinsen im Rahmen des 110-Milliarden-Euro-Rettungspakets sinken. Auch die öffentliche deutsche KfW-Bank, die Griechenland bislang Kredite von 8,4 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt hat und maximal 25 Milliarden übernehmen wird, erhielte geringere Zinsen. Zweitens ließe sich die Rückzahlungsfrist der Kredite um mehrere Jahre strecken.

Drittens könnte Griechenland mit seinen Gläubigern vereinbaren, einen Teil der Schulden zu annulieren. Dies würde das Vertrauen der Investoren zwar auch erschüttern, aber bei weitem nicht so stark und andauernd wie ein Austritt aus der Euro-Zone. Trotzdem wollen die Regierungen diesen Weg vermeiden, weil er einen Schock für die privaten Investoren beinhaltete, die ebenfalls auf einen Teil ihrer Forderungen verzichten müssten.

Wie es weitergeht und ob die griechischen Schulden offiziell noch tragfähig sind, wissen wir spätestens Mitte Juni, wenn die Experten von EU-Kommission, IWF und Europäischer Zentralbank, die gegenwärtig in Athen die Bücher prüfen, ihren Bericht vorlegen.

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Konferenz und Dementi

Eine Konferenz mehrerer Regierungen abzustreiten, obwohl sie stattfindet, sei nicht sinnvoll. Diese Kritik äußerte Regierungssprecher Steffen Seibert am Montag in Richtung Luxemburg. Ein Sprecher von Euro-Gruppen-Chef Jean-Claude Juncker hatte am Freitag zunächst verneint, dass es am selben Tag ein Krisentreffen geben solle, unter anderem um die bedrohliche Lage in Griechenland zu beraten. Konferenz, Dementi und Widerruf des Dementis trugen am Wochenende dazu bei, die Debatte über Griechenlands Zukunft anzuheizen.