Abgeschaltete Meiler sollen dauerhaft stillgelegt werden / Energiewende bringt wirtschaftliche Chancen
Die von der Bundesregierung eingesetzte Ethik-Kommission gibt der Atomkraft in Deutschland noch höchstens zehn Jahre. Das geht aus dem Entwurf des Abschlussberichts des Gremiums hervor, der in der kommenden Woche vorgelegt wird. „Die Ethik-Kommission regt an, von einem Ausstiegskorridor zu sprechen“, heißt es darin. Aus wissenschaftlicher Sicht könnten alle Reaktoren bis zum Jahr 2021 abgeschaltet werden. Im günstigsten Falle werde das letzte Atomkraftwerk schon früher vom Netz genommen.
Die Kommission fordert eine regelmäßige und transparente Prüfung des Prozesses. Als Kriterien nennt das von dem früheren Umweltminister Klaus Töpfer und dem Präsidenten der Deutschen Forschungsgemeinschaft, Matthias Kleiner, die Entwicklung der Strompreise, die Versorgungssicherheit, die Entwicklung von Stromimporten sowie die der Treibhausgasemmissionen.
„Der Ausstieg ist nötig, um Risiken grundsätzlich auszuschließen“, schreiben die 17 Mitglieder der Runde. Nach Ansicht der Fachleute liegen bereits weniger riskante Alternativen vor. Dafür spricht nach Ansicht der Kommission auch die Erfahrung mit den bereits abgeschalteten sieben Meilern. Die 8,5 Gigawatt Leistung aller Reaktoren zusammen sei problemlos ersetzt worden. „Die Ethik-Kommission befürwortet die dauerhafte Stilllegung dieser kerntechnischen Anlagen“, heißt es im Bericht weiter.
Das Reaktorunglück in Japan wirft nach Ansicht der Experten ein neues Licht auf die Energieproduktion auch in Deutschland. Unter ethischen Gesichtspunkten seien nukleare Ewigkeitslasten künftiger Generationen zu Gunsten kurzfristigen Nutzen nicht vertretbar. Die Risiken seien im Gegensatz zu früheren Annahmen nicht beherrschbar. Ein Kritikpunkt ist dabei die Haftungsfrage im Falle von Atomunfällen. In der Kernenergie gebe es nur eine sehr eingeschränkte Haftung der Betreiber von Reaktoren. Tendenziell wird damit laut Kommission dem Missmanagement Tür und Tor geöffnet.
Die größte ethische Verpflichtung sieht das Gremium in der Endlagerung radioaktiver Abfälle. Die Aussicht auf die Jahrtausende lange Lagerung hochstrahlenden Mülls sei für viele Menschen undenkbar, heißt es im Bericht, „sie ist mit dem menschlichen Maß einfach nicht kompatibel.“ Die Experten fordern aber, dass der hier erzeugte strahlende Müll auch in Deutschland gelagert wird und raten zu Lagerstätten, aus denen verbrauchte Brennstäbe oder andere Stoffe auch wieder herausgeholt werden können. „Dies erweitert den Suchraum für die Findung von Endlager-Stätten radioaktiven Mülls“, schreibt die Töpfer-Runde.
Die Energiewende soll zur nationalen Zukunftsaufgabe erklärt werden. Dabei rechnen die Experten nur mit maßvollen Preissteigerungen beim Strom durch den Atomausstieg. Die Kosten sind unter den Fachleuten höchst umstritten und derzeit noch gar nicht genau kalkulierbar. Die Kommission sieht eine Spanne, die von einem Aufschlag um 0,1 Cent pro Kilowattstunde bis zu fünf Cent reicht.
Auf der anderen Seite entstehen durch den Ausstieg auch neue wirtschaftliche Chancen, weil sich die Entwicklung eines neuen Energiemix als globaler Wettbewerbsvorteil erweisen wird. Die Experten rechnen daher mit zusätzlichen Arbeitsplätzen in Industrie und Handwerk.