Wettbewerb auf der Schiene bedroht

Bei Ausschreibungen im Nahverkehr bieten immer weniger Privatbahnen mit / Verbände beklagen ungleiche Startbedingungen

Die marktbeherrschende Stellung der Deutschen Bahn (DB) ist trotz der Marktöffnung noch immer unangefochten. Das geht aus dem Wettbewerber-Report 2010/2011 hervor, den die Konkurrenten in Auftrag gegeben haben. Danach bestreitet die DB im Nahverkehr noch 87,5 Prozent der Verkehrsleistung, im Fernverkehr sogar 99 Prozent. Nur beim Gütertransport haben die Wettbewerber dem Konzern bereits ein Viertel des Verkehrs abgenommen.

Von neuen Anbietern versprechen sich vor allem die öffentlichen Auftraggeber für den Nahverkehr bessere Leistungen bei geringeren Kosten. Das belegen auch die Ergebnisse bisheriger Ausschreibungen. „Wettbewerb ist erfolgreich, wenn er stattfindet“, bestätigt der Chef des Nahverkehrsverbands BAGSPNV, Bernhard Wewers. Genau dies ist aber laut Wettbewerbsreport immer seltener der Fall. 2010 ging die durchschnittliche Bieterzahl bei Ausschreibung auf nur noch 2,4 zurück. In einigen Fällen machte nur ein Unternehmen dem Platzhirschen DB Regio Konkurrenz.

Der hohe Marktanteil der DB resultiert noch aus Zeiten, in denen viele große Aufträge direkt an den Konzern vergeben wurden. Diese Praxis wurde mittlerweile gerichtlich verboten. Dennoch ziehen sich Unternehmen zurück, wie der Autor des Report, der Verkehrsexperte Michael Holtzey, beobachtet. Dafür gebe es mehrere Gründe. Einer davon sind die stetig steigenden Preise für die Nutzung von Trassen und Bahnhöfen. Eine zweite Ursache sehen die Privatbahnen in den Strompreisen der Bahn. Zudem haben sie Schwierigkeiten beim Kauf von Zügen. An diesen Punkten sehen sich die Konkurrenten benachteiligt.

Deshalb plädiert der Chef des Unternehmensverbands Mofair, Wolfgang Meyer, für eine unabhängige Führung des Netzes. „Für uns ist es zentral, das wir eine Konzerntrennung bekommen“, sagt Meyer. Derzeit würden die Privatbahnen mit den Gebühren die Gewinne der DB finanzieren.

Die Deutsche Bahn widerspricht dem Report vehement.. Die Vorwürfe könnte widerlegt werden, teilte der Konzern mit und verwies auf mittlerweile 340 neue Bahnen auf den Gleisen. Im Nahverkehr kämen die Wettbewerber gemessen an den Zugkilometern bereits auf einen Marktanteil von 22 Prozent, erläutert die DB. Ebenso weist die Bahn den Vorwurf zu hoher Preise zurück. „Weder behindert die DB den Marktzutritt anderer Unternehmen, noch werden DB-eigene Transportunternehmen bevorzugt“, hieß es weiter. Die Trennung von Netz und Betrieb lehnt der Konzern weiterhin ab.

Doch der Report zeigt noch eine Entwicklung. „Der Mittelstand ist einfach weg“, stellt Torsten Severin vom Netzwerk Privatbahnen fest. Diese Beobachtung bestätigt der Report. Immer wieder wechseln Bahnunternehmen den Besitzer. Wenn die mittelständischen Firmen übernommen werden, steckt hinter dem Käufer mittlerweile meist eine ausländische Staatsbahn. „Wir haben einen klaren Trend zur Staatsbahnisierung“, erläutert Holtzey.