Auf der Jagd nach dem Handy-Gold

24 Milligramm Gold stecken in einem durchschnittlichen Mobiltelefon. Doch Millionen dieser Geräte liegen ungenutzt in den Privathaushalten herum. Nachhaltigkeitsrat der Regierung will „100 Prozent Recycling“

Jedes Handy ist ein kleiner Schatz. Nicht nur, weil man Liebeserklärungen verschicken kann. Es stecken auch 24 Milligramm Gold und 250 Milligramm Silber in einem durchschnittlichen Mobiltelefon. Außerdem Rohstoffe wie Palladium und Tantal, die knapp, schwer zu beschaffen und teuer sind.

1,3 Milliarden Mobiltelefone wurden 2008 weltweit verkauft, schreibt der Rat für Nachhaltige Entwicklung in seiner neuesten Empfehlung an die Bundesregierung. In dem Gutachten „Wie Deutschland zum Rohstoffland wird“, setzt sich die Beratungskommission dafür ein, künftig „100 Prozent“ der Ressourcen wiederzugewinnen, die in verbrauchten Elektrogeräten und anderen Konsumgütern stecken. Dafür, wie das gehen kann, hat der Rat eine „Roadmap“ entwickelt.

Gerade das Recycling von elektronischen Geräten, die die seltenen Metalle enthalten, steht noch sehr am Anfang. Hierzulande gibt es zwar die Elektronikschrottverordnung, doch nur den kleineren Teil der verbrauchten Geräte geben die Konsumenten an den richtigen Stellen ab – beim Handel oder bei den kommunalen Recylinghöfen. Die meisten nutzlosen Mobiltelefone, Digitalkameras, Computer, iPod-Stations und USB-Sticks liegen in den Privathaushalten herum oder werden – böse, böse – in die Abfallcontainer geworfen und enden schlimmstenfalls in den Müllverbrennungsanlagen.

In manchen Städten wollen Entsorgungsunternehmen hier jetzt Abhilfe schaffen. Die Firma Alba in Leipzig oder die Berliner Stadtreinigung (BSR) versorgen die Privathaushalte mit neuen Wertstofftonnen, die den Recycling-Anteil unter anderem bei Elektronik erhöhen sollen. Auch das sind allerdings nur Pilotvorhaben. Erst das neue Kreislaufwirtschaftsgesetz, dessen Kabinettsentwurf gegenwärtig Bundestag und Bundesrat beraten, wird die Wertstofftonne zum Standard machen.

Der Nachhaltigkeitsrat freilich findet auch das zu wenig. Ratsvorsitzender Hans-Peter Repnik, Ex-Geschäftsführer der Union im Bundestag, spricht sich für „höhere Erfassungsquoten bei strategischen Rohstoffen“ aus. Dem Rat ist nicht nur an ökologischer Nachhaltigkeit gelegen, sondern auch an der Sicherung von Rohstoffen für die deutsche Industrie. „In das laufende Verfahren zum Kreislaufwirtschaftsgesetz“ will Repnik allerdings „nicht eingreifen“. Er plädiert dafür, später einen „neuen Anlauf zu unternehmen“.

Was soll man davon halten – kann man einem Politprofi glauben, dass er ein Gesetz, das er für wichtig hält, unbeteiligt an sich vorbeiziehen lässt? Repnik als Chef des Rates muss ausgleichend wirken. Die anderen Mitglieder sind da freier. Ziemlich ins Zeug legt sich beispielsweise Eric Schweitzer, Vorstandsmitglied beim Entsorger Alba. Den einzigen Weg, mit der Rohstoffverschwendung Schluss zu machen, sieht Schweitzer darin, den Elektronikproduzenten die komplette „Produktverantwortung“ für ihre Handys, Digicams und iPods zuzuschieben. Soll heißen: Wer herstellt, soll 100 Prozent recyceln. Um das durchzusetzen, müssten Regierung und Bundestag ein besseres Gesetz machen.

Dass er an der gegenwärtigen Gesetzesberatung großes Interesse hat, bestreitet der Alba-Vorstand nicht. Denn noch hat die Bundesregierung nicht geregelt, ob beispielsweise Mobiltelefone und mit ihnen die teueren Rohstoffe, bald in die bundesweite Wertstofftonne gehören. Damit ist auch nicht klar, welche Unternehmen – öffentliche oder private – die Verfügungsgewalt über tausende Tonnen seltener Metalle bekommen. Die Jagd nach dem Handy-Gold ist noch nicht entschieden.