Höhere Steuerabschreibung für energetische Gebäudesanierung vom Bundeskabinett beschlossen. Mieter und private Stromkunden müssen mit leichen Preiserhöhungen rechnen
Neue finanzielle Vorteile, teilweise aber auch neue Kosten kommen auf die Bürger im Zuge der Energiewende zu. Am Montag beschloss das Kabinett ein umfangreiches Gesetzespaket zum Atomausstieg. Unsere Zeitung beantwortet die wichtigsten Fragen.
Welche Vergünstigungen erhalten Hausbesitzer?
Die Inhaber von Häusern profitieren demnächst von einer neuen steuerlichen Regelung. Beispielsweise klimafreundliche Heizungsanlagen, die den Kohlendioxid-Ausstoß und den Stromverbrauch verringern, werden zusätzlich steuerlich bezuschusst. Zehn Prozent ihrer Investitionen können die Hausbesitzer dann unter bestimmten Bedingungen jährlich über zehn Jahre abschreiben, was die Steuerzahlung reduziert, sagte Bauminister Peter Ramsauer (CSU) am Montag. Kostet die energetische Modernisierung der Heizung eines Zehn-Familienhauses rund 35.000 Euro, so könnte der Hausbesitzer seine zu versteuernden Gewinne aus den Mieteinnahmen pro Jahr um 3.500 senken.
Aber nicht nur die Eigentümer größerer Wohnhäuser kommen in den Genuss der neuen Regelung. „Das richtet sich auch an die 13 Millionen Ein-Familienhaus-Besitzer in Deutschland“, sagte Frank Ebisch, Sprecher des Zentralverbandes des Sanitärgewerbes. Der Verband, der die Handwerksbetriebe vertritt, hatte sich für die Abschreibungsregelung stark gemacht. Eine Beispielrechnung sieht so aus: Investiert man 18.000 Euro in die Modernisierung der Heizung eines Einfamilienhauses, kann die steuerliche Ersparnis über zehn Jahre 6.000 Euro erreichen. Laut Minister Ramsauer kostet der Steuerzuschuss rund 1,5 Milliarden Euro jährlich – zusätzlich zu den 1,5 Milliarden Euro, die das CO2-Gebäudesanierungsprogramm ohnehin beansprucht. Von gegenwärtig ein Prozent aller Gebäude soll die Sanierungsquote auf zwei Prozent pro Jahr steigen.
Werden die Mieten steigen?
Für Mieter ist die neue Lage gemischt. Die höhere Förderung seitens des Staates reduziere die Sanierungskosten der Vermieter, sagt Ulrich Ropertz, Sprecher des des Mieterbundes. Vorteil für die Mieter: Die Hausbesitzer legen weniger Kosten auf die Mieter um. Die Mieten steigen infolge der neuen Gesetze nicht zusätzlich. Es gibt aber auch die gegenteilige Auswirkung, weil parallel noch eine Änderung des Mietrechts verhandelt wird. Demzufolge müssten Mieter künftig energetische Sanierungen auch dann mitfinanzieren, wenn ihre eigenen Energiekosten dadurch nicht sinken. Bisher können Vermieter die Sanierung nur zu elf Prozent pro Jahr auf die Mieter umlegen, wenn auch diese einen finanziellen Vorteil durch die Umbauten haben. Ein weiterer partieller Nachteil für die Mieter besteht darin, dass sie während einer energetischen Sanierung künftig keine Mietreduzierung mehr geltend machen können.
Nehmen die Kosten für Elektrizität zu?
Nicht nur Mieter, sondern auch viele andere private Stromverbraucher müssen in den kommenden Jahren mit steigenden Elektrizitätspreisen rechnen. Wirtschaftsminister Philipp Rösler sprach am Montag von einer „moderaten Steigerung von einem Cent pro Kilowattstunde“. Ein normaler Privathaushalt würde dadurch mit „35 bis 40 Euro pro Jahr zusätzlich“ belastet, meint der Minister. Auch das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung nimmt an, dass der Preis für Strom infolge des Atomausstiegs zulegt – allerdings nur leicht um 1,4 Prozent. Die Mehrbelastung für private Stromkunden würde damit bei zehn Euro pro Jahr liegen. Vor stärker steigenden Preisen warnten in den vergangenen Monaten Wirtschaftsverbände wie der Verband der Industriellen Energiewirtschaft (VIK). Mit Erfolg: Die Regierung weitet für Unternehmen bis hinein in den Mittelstand die Deckelung der Strompreise aus. Steigende Kosten durch mehr Erneuerbare Energien belasten Firmen deshalb nur in geringem Maße. Insgesamt wachsen die Kosten nicht nur durch die Förderung der Öko-Energien, sondern auch durch das Abschalten der Atomkraftwerke, die bislang sehr billigen Strom herstellten.
Mehr oder weniger Bürgerbeteiligung?
Die Planungszeit für Stromtrassen solle von heute zehn auf vier Jahre verkürzt werden, sagte Wirtschaftsminister Rösler. Sonst könnten unter anderem die Windparks auf See nicht schnell genug angeschlossen werden und ihren Strom in die südlichen Bundesländer leiten. Rösler versprach, die Bürger „früher als heute“ in die Planung einzubeziehen. Wie schnellere Genehmigungen mit angeblich besserer Bürgerbeteiligung harmonieren, blieb jedoch ein Geheimnis des Ministers. Röslers Kollege Ramsauer sprach denn auch von „einer Quadratur des Kreises“. Schnellere Planungsverfahren könnten also durchaus zu einer Einschränkung der Bürgerbeteiligung führen – zur Zeit berät die Regierung allerdings noch, wie sie vorgehen will.
Kommt es zu Stromknappheit?
Die Regierung versucht, dem vorzubeugen. Ein Atomkraftwerk soll als Reserve zur Verfügung stehen, falls der Strombedarf im Winter massiv steigt. Laut Wirtschaftsminister müssten etwa zehn große Kraftwerke zusätzlich neu gebaut werden, um einen Ausgleich für die abgeschalteten Atomanlagen zu liefern. Ohnehin im Bau oder Probetrieb sind schon 12 zusätzliche Anlagen, meiste Kohlekraftwerke. In Boxberg und Profen entstehen zwei Braunkohlekraftwerke. Die größte Last aber werden die Erneuerbaren Energie tragen – alleine die ökologische Stromproduktion soll sich verdoppeln.