Das Risiko der sanften Umschuldung

Noch mehr Geld für Griechenland? Finanzminister Schäuble sagt „Ja“, der Bundestag debattiert heute (Freitag). Unsere Zeitung präsentiert vier Lösungswege

Nochmal 90 Milliarden Euro für Griechenland? Und dann? Weil sich die Krise um die Schulden Athens und den Euro verschärft, gibt Finanzminister Wolfgang Schäuble am Freitagmorgen im Bundestag eine Regierungserklärung ab. Damit will er auch seine eigene Partei von weiteren Finanzhilfen überzeugen. Unsere Zeitung beschreibt vier Wege zur Sanierung des Mittelmeerlandes.

Die Lage

Bei einer Wirtschaftsleistung von rund 230 Milliarden Euro in 2011 hat Athen mittlerweile Schulden von etwa 350 Milliarden Euro. Diese belasten das Land jährlich mit Zinszahlungen von mindestens 20 Milliarden Euro aus der Steuerkasse – knapp zehn Prozent der Wirtschaftsleistung. Derartige Summen sind für ein Land schwer zu tragen. Das heißt: Griechenland kann sich nicht mehr über die Kapitalmärkte finanzieren und ist auf Unterstützung der Euro-Regierungen angewiesen.

Lösung 1 – mehr Geld

90 Milliarden Euro benötige Athen zusätzlich zu den bereits beschlossenen 110 Milliarden, sagt Euro-Gruppen-Chef Jean-Claude Juncker. Das Geld ist notwendig, weil Griechenland wegen der zu hohen Zinsen wider Erwarten auch 2012 kaum Staatspapiere an Investoren verkaufen kann. Etwa ein Viertel der neuen Kredite oder Garantien würde aus Deutschland kommen.

Risiko: Die Lage Griechenlands ändert sich nicht grundsätzlich, bald kommt das nächste Hilfspaket.

Lösung 2 – harte Umschuldung

Um seine Situation grundsätzlich zu verbessern, könnte Athen die Zahlungsunfähigkeit erklären und die Hälfte der Schulden streichen. Der Wert der ausgegebenen Staatsanleihen würde dann beispielsweise halbiert, wodurch die Gläubiger gezwungenermaßen auf die Hälfte ihrer Investition verzichten. Auch deutsche Banken, die griechische Staatsanleihen im Wert von 34 Milliarden Euro halten, erleiden hohe Verluste. Und selbst die Europäische Zentralbank muss Abschreibungen in ihrer Bilanz vornehmen, denn auch sie besitzt Staatspapiere aus Athen.

Risiko: Die Rating-Agenturen stufen griechische Staatsanleihen als wertlos ein, auch griechische Banken bekommen deshalb keine Kredite mehr. Die Wirtschaft des Landes kollabiert. Weitere verschuldete Staaten wie Portugal und Spanien geraten in den Strudel.

Lösung 3 – sanfte Umschuldung

Diese Variante bevorzugt Finanzminister Schäuble. Bei dieser Lösung verhandeln Griechenland, die EZB und die EU mit den Gläubigern eine Umschuldung im Konsens. Die Gläubiger stimmen zu, die Laufzeiten ihrer Kredite an Griechenland zu verlängern, wodurch Athen weniger frische Mittel am Kapitalmarkt aufnehmen muss und geringere Kosten hat. Der Wechsel von kürzeren zu längeren Laufzeiten lässt sich bewerkstelligen, indem die alten gegen neue Griechenland-Papiere getauscht werden.

Risiko: Die Rating-Agenturen drohen, dass sie auch die sanfte Umschuldung als Bankrott einstufen. Damit könnte auch in diesem Fall das Szenario 2 seinen Lauf nehmen. Deshalb sind Frankreich und die EZB dagegen.

Lösung 4 – Euro-Anleihen

Griechenland ist das Problem der zu hohen Zinsen sofort los, wenn es sich nicht über eigene, nationale Anleihen finanziert, sondern die Eurozone gemeinsame Staatsanleihen ausgibt. Dann färbt die gute Bonität Deutschlands, Hollands oder Finnlands auf Griechenland ab. Diese Lösung funktioniert allerdings nur, wenn etwa die Bundesregierung ihren Widerstand gegen solche Eurobonds aufgibt. Kanzlerin Angela Merkel und Finanzminister Schäuble müssen den Bundesbürgern erklären, dass wir nun regelmäßig für Griechenland und andere höhere verschuldete Staaten in der Mithaftung stehen. Risiko: Steigende Zinsen und höhere Kosten auch für Deutschland. Abnehmender Anreiz für Griechenland, seinen Haushalt zu sanieren.