Reklamieren auf Umwegen

Gewährleistung hin oder her: Hat die Ware nur einen geringen Mangel, muss sie der Verkäufer nicht zurücknehmen

Zaubert der neue Kaffeevollautomat anstelle von aromatischem Espresso nur heiße Luft, ist das ärgerlich. Zum Glück müssen Käufer laut Gesetz auf mangelhafter Ware nicht sitzen bleiben. Vom gewerblichen Händler können sie verlangen, dass er das defekte Produkt gegen ein neues austauscht. Doch es gibt Ausnahmen: Anstelle des ersehnten Umtauschs müssen Verbraucher unter Umständen auch eine Reparatur oder gar den Mangel hinnehmen.

Zwar steht es Käufern frei, ob sie sich Mangelware ersetzen lassen oder ob sie auf eine Reparatur eingehen. Ist ein Austausch für den Händler mit unverhältnismäßig hohen Kosten verbunden, kann er allerdings auf eine Reparatur ausweichen. „Anstatt gleich den ganzen Laptop auszutauschen, kann der Verkäufer auch ein Ersatzteil einbauen lassen, wenn das viel weniger Aufwand für ihn bedeutet“, erklärt Bernadette Mohme, Juristin beim Verbraucherzentrum Kehl.

Die Reparaturklausel hat in der Vergangenheit schon manchen Verbraucher auf die Palme gebracht – vor allem dann, wenn der Reparaturversuch scheiterte
und das Gerät nach ein paar Tagen wieder nur komische Geräusche von sich gab, anstelle ordentlich zu funktionieren. Denn schlägt der erste Reparaturversuch fehl, darf es auch ein zweiter sein. Erst wenn der Computer dann immer noch laut faucht, anstatt versöhnlich zu summen, können Käufer vom Vertrag zurücktreten oder den Kaufpreis mindern, wenn die Ware an sich noch zu gebrauchen ist.

Häufig kommt es vor, dass die Reparatur von Laptop, Kaffeemaschine oder Digitalkamera gleich mehrere Wochen in Anspruch nimmt. Entsteht dem Kunden dadurch ein finanzieller Schaden, weil er sich für die Zeit beispielsweise einen anderen Computer für die Arbeit leihen muss, kann der Kunde nur Ersatz verlangen, wenn den Händler für den Schaden ein Verschulden trifft. Und das ist selten der Fall. Ein weiterer Wehrmutstropfen bleibt: Liegt lediglich ein geringfügiger Mangel vor – ist also am Laptop ein Pixel tot oder das Möbelstück ziert ein unbedeutender Kratzer – besteht der Anspruch auf Vertragsauflösung nicht. „Fehlt an der Jeans eine Niete, wäre das ein Grund zum Reklamieren“, gibt Mohme zu bedenken.

Zwischenhändler, Hersteller oder Verkäufer: Egal auf wen der Mangel zurückgeht, Adressat für Beschwerden ist immer der Verkäufer. „Kunden sollten sich nicht damit abspeisen lassen, sich doch bitte an den Hersteller zu wenden“, sagt Juristin Mohme. „Es ist Sache des Letztverkäufers ob und wie er zum Beispiel den Hersteller für den Mangel haftbar macht“. Auch die Ausrede „Ohne Kassenbon kein Umtausch“ hat nicht unbedingt Bestand. Sofern Käufer beweisen können, wo und wann sie die Ware gekauft haben, beispielsweise mittels Kontoauszug, können sie trotzdem reklamieren. „Streng genommen hilft auch ein Zeuge“, urteilt die Stiftung Warentest. Ebenso halte sich das Gerücht, dass man Waren nur in der Originalverpackung zurückgeben kann, hartnäckig, obwohl es keine Rechtsgrundlage hat.

Zwei Jahre lang gelten die Gewährleistungsansprüche bei neuen Produkten. Schon manch ein Käufer wog sich da in Sicherheit, als die Digitalkamera oder der Flachbildschirm nach eineinhalb Jahren den Geist aufgab – und er sich einen Ersatz oder eine kostenlose Reparatur erhoffte. Doch nur innerhalb der ersten sechs Monate nach dem Kauf haben Kunden ein leichtes Spiel in punkto Reklamation. In diesem Zeitraum liegt es nämlich am Händler nachzuweisen, dass der Käufer den Defekt verursacht hat – und das ist schwierig. Nach Ablauf der sechs Monate dreht sich der Spieß um: Dann muss der Käufer beweisen, dass er den Defekt nicht zu verantworten hat.

Kasten/ Umtausch/ Mandy Kunstmann

Hier gibt es Hilfe: Kunden, die Probleme beim Warenumtausch haben, können sich an die Verbraucherzentralen (www.verbraucherzentrale.de) wenden. Bei Verträgen mit Gewerbetreibenden im europäischen Ausland, hilft das Verbraucherzentrum Kehl (www.eu-verbraucher.de). Für baden-württembergische Bürger gibt es einen besonderen Service: Bei Käufen im Internet finden sie Hilfe bei der Schlichtungsstelle für elektronischen Geschäftsverkehr (www.online-schlichter.de). Auch für Kunden von Online-Händlern, die ihren Sitz in Baden-Württemberg haben, ist sie Anlaufstelle.