Bald hängen an Neuwagen Ökolabels wie beim Kühlschrank / Umweltverbände kritisieren gewichtsabhängige Einstufungen
Autokäufern wird voraussichtlich ab diesem Herbst eine neue Kennzeichnung die Kaufentscheidung erleichtern. An einer farbigen Balkengrafik können die Kunden schnell feststellen, ob ihr erwünschtes Fahrzeug sparsam ist oder zu den Spritschluckern gehört. Was bei der Auswahl von Kühlschränken oder Waschmaschinen schon lange üblich ist, soll nun auch auf dem Automarkt eingeführt werden. Voraussetzung ist, dass der Bundesrat einer entsprechende Verordnung des Bundeswirtschaftsministeriums an diesem Freitag auf der letzten Sitzung vor der Sommerpause zustimmt.
Die neue Kennzeichnung ersetzt die bisherigen Darstellung des Verbrauchs an Benzin oder Diesel pro 100 gefahrene Kilometer. Statt dessen wird die Effizienz der Fahrzeuge in sieben Klassen, von „A“ bis „G“ eingeteilt. Mit „A“ klassifizierte Modelle produzieren am wenigsten Klimagas CO2. Später kommen wohl wie bei der weißen Ware neue Spitzenbezeichnung dazu. Bis zu A+++ kann die Skala dann reichen. Mit der Neuregelung setzt die Bundesregierung mit jahrelanger Verspätng eine Richtlinie der EU um.
Doch so einfach wie es scheint ist die Kennzeichnung nicht. Denn die Automobilindustrie hat eine simple Regelung in emsiger Lobbyarbeit verhindert, damit die schweren Limousinen aus heimischer Produktion im Vergleich mit kleinen Sparmobilen nicht zu schlecht aussehen. Bei der Einordnung in die Effizienzskala wird jetzt neben dem Verbrauch auch das Gewicht eines Autos berücksichtigt. Vereinfacht gesagt dürfen große Luxuswagen mehr verbrauchen, ohne dass sie deshalb schlechter bewertet werden.
Nach Berechnungen des Verkehrsclubs Deutschland (VCD) führt dies zu recht absurden Ergebnissen. Ein Porsche Cayenne Diesel mit gut zwei Tonnen Gewicht und einem CO2-Ausstoß von 189 Gramm pro Kilometer landet danach nur in der Klasse „C“. Das Modell in der Variante S Hybrid, dass 300 Kilogramm mehr wiegt und auch mehr verbraucht, kommt aufgrund des höheren Gewichts in die bessere Kategorie „B“. Der Smart cdi, der nur 770 Kilogramm über die Straßen bewegt und 86 Gramm CO2 ablässt, landet dagegen in der vergleichsweise schlechten Stufe „C“.
„Hauptziel ist, dass die schweren deutschen Autos ein grünes Mäntelchen umgehängt bekommen“, kritisiert VCD-Verkehrsexperte Gerd Lottsiepen, die angestrebt Regelung, „der Kampfpanzer Leopard II würde in der gleichen Klasse landen wie der Golf 1,4“. Dessen Gewicht von 62 Tonnen relativiert die enorme Emission von 1538 Gramm CO2. So hat es der VCD berechnet. Doch das Militärgerät landet natürlich nicht im Handel.
Die seltsame Methode wird von der Industrie verteidigt. Es wäre witzlos, die Einstufung allein nach dem Spritverbrauch vorzunehmen, heißt es beim Verband der Automobilindustrie (VDA). Sonst würden auch die besonders innovativen Hersteller bestraft, die Oberklassenmodelle weiter entwickeln. Gleichwohl könnten grade besonders pfiffige Unternehmen unter der Neuregelung leiden. Entwickeln diese sehr viel leichtere Nachfolgemodelle, steigen womöglich die Anforderungen an den Verbrauch und das verbesserte Fahrzeug landet in einer schlechteren Ökokategorie.
Der VCD fordert den Bundesrat auf, die Verordnung abzulehnen. Auch die Länderkammer selbst ist mit dem Vorschlag der Regierung nicht einverstanden und hat zahlreiche Änderungswünsche erarbeitet. „Der Bundesrat vertritt die Auffassung, dass die in der Verordnung gewählte Bezugsgröße „Fahrzeugmasse“ nicht geeignet ist, die Verbraucher für den tatsächlichen CO2-Ausstoß zu informieren“, heißt es in dem Empfehlungen der Fachausschüsse. Die Bundesregierung soll nach Alternativen dazu forschen. Außerdem wollen die Länder erreichen, dass kein Fahrzeug mit mit als 130 Gramm CO2-Emissionen in der Spitzengruppe landen darf. Mit der Regierungsvorlage wäre dies durchaus möglich. Lehnt die Länderkammer die Verordnung ab, verzögert sich die Einführung der Kennzeichnung weiter. Dann muss das Wirtschaftsministerium nacharbeiten.