Endgültig rot für die Ampel

EU-Parlament beschließt neue Nährwertkennzeichnung auf Lebensmitteln

Welche Angaben müssen künftig auf Lebensmittelverpackungen stehen?

Auf der Rückseite von Tiefkühlpizzen, Dosensuppen oder anderen Fertigwaren müssen künftig Nährwerte angegeben werden. Das Europäische Parlament hat einer solchen Regelung endgültig zugestimmt. Genannt werden müssen künftig die Mengen an Fett, gesättigten Fettsäuren, Kohlenhydraten, Zucker, Eiweiß und Salz. Die jeweiligen Inhaltsstoffe beziehen sich jeweils auf eine Menge von 100 Millilitern oder 100 Gramm des Produktes. Bislang haben die Hersteller die Angaben häufig in Verbindung zum Tagesbedarf eines Menschen oder zu einer Portion der Mahlzeit gesetzt. Das dürfen sie freiwillig zusätzlich auch weiterhin tun. Es steht der Industrie zudem frei, die wichtigsten Angaben wie den Kaloriengehalt auch auf der Vorderseite der Verpackungen leicht lesbar aufzudrucken. Besonders hervorheben, etwa durch eine farbige Unterlegung der Angaben, müssen die Nahrungsmittelproduzenten Inhaltsstoffe, die für Allergiker gefährlich werden könnten.

Warum warnt nun doch keine Ampel vor zu viel Zucker oder Fett?

Verbraucherschützer und Kinderärzte haben sich mit dem Wunsch nach einer Lebensmittelampel nach jahrelangem Streit mit der Industrie nicht durchsetzen können. Die farbige gewünschte farbige Kennzeichnung, bei der die Farbe rot für einen sehr hohen Anteil, zum Beispiel von Salz oder Zucker, signalisieren sollte, war in der EU nicht durchsetzbar. Auch Verbraucherministerin Ilse Aigner hatte diesen Vorschlag abgelehnt. Die Hersteller, insbesondere von süßen Getränken, haben erfolgreich massive Lobbyarbeit gegen die Idee betrieben. Die neue Kennzeichnung soll für die Verbraucher auch leicht lesbar sein. Dafür schreibt die EU eine Mindestgröße von 1,2 Millimetern für die verwendete Schrift vor. Bei kleinen Packungen reichen 0,9 Millimeter.

Wird endlich etwas gegen Klebeschinken und Analogkäse getan?

Produkte aus Schinken- oder Käseimitaten finden sich auch weiterhin in den Supermarktregalen. Allerdings müssen die Hersteller darauf in unmittelbarer Nähe des aufgedruckten Produktnamens schriftlich hinweisen und den verwendeten Ersatzstoff benennen. Volksnah „Klebefleisch“ wird es auch künftig beim Forschfleisch nicht heißen. Statt dessen prangt bei Schinkenimitaten der Hinweis „aus Fleischstücken zusammengefügt“ auf der Verpackung. „Das ist ein wichtiger Schritt zum Schutz der Verbraucher vor Täuschung“, hofft Aigner.

Warum sind alkoholische Getränke von der Kennzeichnungspflicht ausgenommen?

Das Europäishe Parlament will einen Bericht der EU-Kommission zum Umgang mit den alkoholischen Getränken abwarten, bevor Wein, Bier oder Alkopops womöglich in die Kennzeichnungspflicht aufgenommen werden. Bis dahin bleibt alles beim Alten. Die Produzenten müssen weder die Zutaten angeben noch die Nährwerte.

Können Verbraucher künftig die Herkunft von Frischfleisch erkennen?

Die EU fordert eine Herkunftsangabe für das Fleisch von Schweinen, Ziegen, Schafen und Geflügel . Für Rindfleisch gibt es diese Vorschrift bereits. Bei Wurst, Milch oder Käse bleiben die Kunden diesbezüglich weiterhin unwissend. Hier muss die Herkunft der Zutaten nicht genannt werden. Allerdings will die EU-Kommission in zwei Jahren einen Bericht dazu vorlegen, der am Ende noch für eine Ausweitung der Herkunftsangaben führen könnte.

Was sagen Kritiker zur Neuregelung?

Foodwatch zeigt sich vom Parlamentsbeschluss enttäuscht. „Die Regelungen bringen für die Verbraucher kaum Fortschritte“, kritisiert Verbands-Vize Matthias Wolfschmidt. Noch immer könnten Hersteller vorne Fitness versprechen und hinten kleingedruckt die tatsächlichen Nährwerte verstecken. Insbesondere der Verzicht auf eine Ampeldarstellung sowie die eingeschränkte Herkunftsangabe beim Fleisch ärgert die Organisation. Auch die Verbraucherzentralen hätten gerne eine Ampel durchgesetzt, sehen in der Neuregelung aber trotzdem einen Fortschritt.

Wann können die Kunden im Supermarkt mit der neuen Kennzeichnung rechnen?

Die Nährwertkennzeichnung muss europaweit innerhalb von fünf Jahren umgesetzt werden. Die meisten Produzenten halten sich aber jetzt schon an die Vorgaben.