Die Steuern werden steigen

Kommentar zur Steuerpolitik von Hannes Koch

Déjà-Vu: Nach monatelangen Konvulsionen hatte die schwarz-gelbe Koalition ein kleines Steuergeschenk für die Bürger beschlossen, doch am Freitag blockierte es die Opposition in Zusammenarbeit mit dem Bundesrat. Das erinnert an die Endphase der früheren CDU-CSU-FDP-Regierung. Vor der Bundestagswahl 1998 machte die SPD-Spitze mit Oskar Lafontaine alle Versuche Kanzler Helmut Kohls zunichte, die Steuern zu senken. Die Regierung war handlungsunfähig, der Wechsel stand bevor.

Nun sieht es ähnlich aus. Mit Hingabe und Ignoranz gegenüber der Wirklichkeit führen Union und FDP ihre ewige Debatte über Steuererleichterungen. Mal geht es um die Erhöhung des Arbeitnehmerpauschbetrages, der Normalverdienern drei Euro im Monat mehr bringen würde – der Bundesrat hat diesen Vorschlag gerade durchfallen lassen. Dann will Schwarz-Gelb die Mittelschicht entlasten. Viele Bundesländer haben auch hier bereits angekündigt, mit Nein zu stimmen.

Dass die Regierung so hilflos wirkt, liegt aber nicht nur an der gemeinen Opposition. FDP, CSU und die Mittelstandspolitiker der Union wollen nicht anerkennen, dass sich die ökonomische Lage und damit auch die Stimmung der Bevölkerung gewandelt haben. Laut Umfragen sieht nur noch eine Minderheit einen Sinn in Steuersenkungen. Die Bürger spüren: Die Staatsverschuldung hat auch in Deutschland ein bedenkliches Ausmaß erreicht. Griechenland lässt grüßen. Die Regierung hat kein Geld zu verschenken.

Wer hinschaut, merkt: Die Debatte ist nun eine andere. Am Freitag beschloss der Bundesrat die Bankenabgabe, und zwar in einer schärferen Variante als zuvor geplant. Die Banken sollen künftig höhere Beiträge als Versicherung für die eventuell nächste Finanzkrise einzahlen. Und die EU-Kommission wird demnächst einen Vorschlag für die Transaktionssteuer vorlegen. Auf bestimmte Geschäfte müssten die Institute dann zusätzliche Abgaben entrichten. Eine Begründung der Politik, vorgetragen auch von SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier, lautet: Europa braucht frisches Geld, um die Verschuldungskrise zu überwinden. Das stimmt: Die Steuern werden in den nächsten Jahren eher steigen, als sinken.