DIe Schweiz ist bald keine Steueroase mehr
Deutsche Steuersünder kommen in der Schweiz nicht mehr ungeschoren davon. Die Eidgenossen ziehen die Abgeltungsteuer künftig ei.
Die Schweiz ist bald kein stiller Ruheplatz für deutsches Schwarzgeld mehr. Beide Staaten einigten sich auf ein Abkommen, dass Anfang 2013 in Kraft treten soll. „Es wird sichergestellt, dass in Zukunft alle Gelder von deutschen Steuerzahlern in gleicher Höhe besteuert werden“, sagte der Sprecher des Finanzministeriums, Martin Kotthaus. Der Fiskus kann sich zudem auf wenigstens zwei Milliarden Franken freuen. Zur Überweisung dieses Betrags haben sich die Schweizer Banken als garantierte Nachzahlung für in der Vergangenheit hinterzogene Abgaben verpflichtet.
Den zweifelhaften Ruf als Steueroase inmitten Europas wird die Alpenrepublik damit los. Experten taxieren das heimlich über die Grenze geschaffte Vermögen auf 100 bis 200 Milliarden Euro. Wie viel Geld allerdings tatsächlich illegal im Nachbarland angelegt wurde, weiß auch das Finanzministerium nicht. Daher sträubt sich Kotthaus auch gegen eine Schätzung der zu erwartenden Einnahmen, die sich Bund, Länder und Gemeinen teilen.
Das Abkommen sieht zwei wesentliche Änderungen vor. Einerseits wird die Schweiz künftig Kapitalerträge an der Quelle, also bei den Banken besteuern. Von jedem Franken Zins oder Dividende aus deutschen Guthaben werden 26,37 Rappen abgezogen und nach Deutschland überwiesen. Das entspricht der hiesigen Abgeltungsteuer plus Solidaritätszuschlag. Allein diese Nachbarschaftshilfe wird wohl jährlich einen Milliardenbetrag einbringen.
Auch für bereits seit längerem in der Schweiz ruhendes Schwarzgeld wurde eine Lösung gefunden. Wenn die Inhaber dieser Konten einen Wohnsitz in Deutschland haben, können sie sich entweder freiwillig dem Fiskus offenbaren und Abgaben nachzahlen, oder aber anonym über ihre Schweizer Bankn eine pauschal bemessene Steuer entrichten. Der Steuersatz liegt zwischen 19 und 34 Prozent. Die Höhe hängt vom Kapitalbestand, der Dauer der Hinterziehung sowie dem zwischenzeitlichen Gewinn aus den Schwarzgeldanlagen ab. Die von den Banken erbrachte Garantieleistung wird mit den Erträgen aus diesen Nachzahlungen verrechnet.
Außerdem will Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble verhindern, dass weitere Vermögenswerte unter der Hand in der Schweiz verschoben werden. Um dies zu verhindern, dürfen deutsche Behörden künftig Auskunftsgesuche an eidgenössische Dienststellen richten, wenn gegen eine bestimmte Person der Verdacht auf Steuerhinterziehung besteht. Bis zu 999 Anfragen sind in den ersten beiden Jahren nach Inkrafttreten der Regelung erlaubt. Danach wird geprüft, ob diese Rahmenzahl ausreicht oder nicht. Die Fahnder dürfen jedoch nicht auf gut Glück einzelnen Bürgern nachspüren.
Das Finanzministerium ist zuversichtlich, dass sich die Kreditinstitute in Zürich oder Genf an die neue Gesetzeslage halten werden. „Es wird kein Geld mehr unversteuert in der Schweiz liegen“, glaubt Kotthaus. Das Bankgeheimnis der Alpenrepublik bleibt trotz der neuen Spürmethoden erhalten. Die Kunden können anonym bleiben, wenn sie ihre Abgaben anständig entrichten. Einen Haken hat die Abmachung, der die Parlamente beider Länder noch zustimmen müssen. Da die Regelung erst in fast eineinhalb Jahren in Kraft tritt, haben Steuersünder reichlich Zeit, ihr Vermögen anderswo zu verstecken.