Die Auswege aus der Altersarmut

Arbeitsministerin Von der Leyen will Mini-Renten aufstocken. Das soll aber nicht zu viel kosten. Sozialverbände und Opposition fordern dagegen eine umfassende Verbesserung

Für viele Beschäftigte ist der Bescheid der Rentenversicherung ein Anlass, sich ernsthaft Sorgen zu machen. Da arbeitet man seit 25 Jahren, verdient mittlerweile ganz gut, und hat bisher doch nur Rentenansprüche von 400 Euro angesammelt. Wie soll man mit derart mageren Rentenzahlungen im Alter nur über die Runden kommen? Diese Frage ist nun auch in der Politik angelangt. In der kommenden Woche trifft Arbeitsministerin Ursula von der Leyen sich zum sogenannten Rentendialog mit den Sozialpartnern, unter anderem den Gewerkschaften. Damit erfüllt sie ein Versprechen, das schon im Koalitionsvertrag von 2009 enthalten ist. Unsere Zeitung analysiert die Lage und die Vorschläge, um das Problem anzugehen.

Die aktuelle Situation

Heute erhalten rund 400.000 Rentner die Mindestrente, die offiziell „Grundsicherung im Alter“ heißt. Nach Angaben des Arbeitsministeriums sind das 2,4 Prozent der Altersgruppe über 65 Jahre. Altersarmut seit heute also noch kein großes Problem, folgert Ursula von der Leyen (CDU). Die Grundsicherung wird ähnlich berechnet wie Hartz IV: Grundbedarf von knapp 400 Euro plus Kosten für die Wohnung. Die Zahl der Menschen, die mit diesen Mini-Renten von knapp 700 Euro leben müssen, wird künftig aber stark steigen. Der Grund: Millionen Beschäftigte arbeiten im Niedriglohnsektor und verdienen nicht genug, um eine auskömmliche Alterssicherung zu erwirtschaften. Hinzu kommen die unsteten Berufsbiographien. Moderne Beschäftigte bringen es häufig nicht mehr auf 45 ungeschmälerte Beitragsjahre. Zeitweise arbeiten sie viel und verdienen gut, dann aber folgen Phasen schlecht bezahlter Selbstständigkeit oder auch Erwerbslosigkeit. Entsprechend sinkt die Rente.

Das Von-der-Leyen-Modell

Um dem Gerechtigkeitsgefühl Genüge zu tun, ist die Arbeitsministerin bereit, die Rente für eine begrenzte Zahl von Beschäftigten aufzustocken. Gedacht wird an eine Größenordnung von 840 Euro – gut 140 Euro mehr als das, was viele Empfänger der Grundsicherung heute erhalten. Damit könnte Von der Leyen sagen: Wer ein Leben lang gearbeitet hat, bekommt mehr als Hartz IV. Der Schönheitsfehler: Diese Regelung soll nur für Arbeitnehmer gelten, die 45 Versicherungsjahre nachweisen. In Verbindung mit anderen Einschränkungen läuft das darauf hinaus, dass nur wenige Personen in den Genuss der Verbesserung kämen. Eine Sprecherin des Ministeriums wollte das Thema am Montag nicht kommentieren.

CDU-Sozialausschüsse

Karl-Josef Laumann, der Vorsitzende der Christlichen Arbeitnehmerschaft der CDU, will die Basisrenten für langjährig Beschäftigte im Gegensatz zu Von der Leyen stärker erhöhen. Niedrige Einkommen würden bei der Berechnung der Entgeltpunkte, die die Grundlage der Rentenzahlung bilden, dann höher bewertet. Für diese „Rente nach Mindesteinkommen“ fordert Laumann, mehr als zwei Milliarden Euro jährlich einzusetzen – entweder aus Steuereinnahmen des Bundeshaushaltes oder einer Beitragserhöhung der Rentenversicherung um 0,3 Prozent. Die Ministerin lehnt das Modell unter anderem deshalb ab, weil mehr Rentner begünstigt würden und es ihr zu teuer ist.

Katholisches Kolpingwerk

Thomas Dörflinger, CDU-MdB und Chef des Kolpingwerkes, hat zusammen mit anderen Verbänden eine zusätzliche Sockelrente vorgeschlagen. Diese würde die bisherigen Formen der Altersvorsorge ergänzen und Niedrigverdiener über die Schwelle der Grundsicherung hinausheben. Die Finanzierung soll über zusätzliche Abgaben auf „alle Einkunftsarten“ erfolgen. Das heißt: Auch auf Einnahmen beispielsweise aus Kapital und Mieten würden Rentenbeiträge fällig. SPD-Chef Sigmar Gabriel hat sich im Sommer ebenfalls für eine Sockelrente eingesetzt, wobei die SPD Details erst im Herbst liefern will.

Grüne

Rentenexperte Wolfgang Strengmann-Kuhn macht sich für eine Garantierente stark. Geringe Rentenansprüche würden aus Steuermitteln aufgestockt. Nach 30 Versicherungsjahren enthält ein älterer Arbeitnehmer demnach mindestens 824 Euro, erklärt der Grünen-Politiker. Die Kosten bleiben angeblich „unter fünf Milliarden Euro“.

Hinweis für die Redaktionen:

Am Montag Abend stellt der DGB seinen Renten-Vorschlag vor. Den könnte man einbauen oder als Nachricht präsentieren.