Was wäre, wenn…

… die Griechen doch wieder zur Drachme zurückkehren?

In den Verträgen zum Euro ist der Austritt eines Mitgliedslandes gar nicht vorgesehen. Bei einem extrem hohen politischen oder ökonomischen Druck und dem unbedingten Willen eines Staates würde die Eurozone wohl einen Austritt Griechenlands ermöglichen.

Dieser Schritt hätte in mehrerer Hinsicht gravierende Folgen. Zunächst einmal könnten die Griechen dann die Drachme wieder einführen und sofort stark abwerten, damit Produkte und Dienstleistungen international wettbewerbsfähiger werden. Nach einer Abwertung wäre für Deutsche zum Beispiel der Urlaub auf den Inseln dort viel günstiger als in Spanien oder Italien. Das steigert die Nachfrage und dies würde der Wirtschaft und nach und nach dem ganzen Land auf die Beine helfen.

Ganz so einfach ist diese Lösung aber auf den zweiten Blick nicht mehr. Denn sie hat auch für die Griechen selbst ein paar gewaltige Haken. Der Staat hat sich in Euro verschuldet und muss seine Anleihen auch in der Gemeinschaftswährung zurückzahlen. Da Griechenland den Schuldendienst derzeit nicht leisten kann, bliebe der Regierung in Athen nur der sofortige Staatsbankrott. Dann müsste Athen mit den Gläubigern einen Schuldenschnitt aushandeln. Die Banken verzichten dann wohl gezwungenermaßen auf die Hälfte ihres Geldes. Die Regierung müsste dann noch härter sparen, weil sie weniger einnimmt als sie ausgibt und keine Bank ihr mehr eine Drachme leiht.

Unabsehbar sind zudem die Folgen eines Austritts für das Finanzsystem insgesamt. Die griechischen Banken wären vermutlich sofort pleite, weil sie auf riesigen Forderungen gegen den eigenen Staat sitzen bleiben. Außerdem könnte die Bevölkerung aus Angst um ihr Erspartes alles Geld abheben. International kämen wahrscheinlich die anderen Schuldenstaaten und der Euro mächtig unter Druck. Im schlimmsten Fall wäre es der Anfang vom Ende der Gemeinschaftswährung mit vielen Mitgliedern und der Beginn einer neuerlichen weltweiten Bankenkrise mit nachfolgender Rezession.

… alles so bleibt wie es ist?

Derzeit ist auch diese Aussicht für die Griechen düster. Die Wirtschaft steckt in einer schweren Depression, auch weil der Staat den Gürtel enger schnallt. Das bedeutet wenigen Steuereinnahmen für die Athener Regierung und noch geringere Spielräume für den Aufbau neuer Perspektiven. Damit sinkt trotz aller Hilfe anderer Euro-Länder die Fähigkeit der Griechen, sich am eigenen Schopf wieder aus dem Schlamassel herauszuziehen. Das Land spart sich nach Ansicht vieler Fachleute kaputt. Dieses Szenario würde auch bedeuten, dass die Euroländer Griechenland länger helfen oder sogar einen Teil ihrer Forderungen irgendwann abschreiben müssten.

Der Rettungsschirm der anderen Euroländer reicht zwar aus. Griechenland muss sich nach den jetzigen Plänen bis 2020 bei den Banken nichts mehr leihen. Doch die Schuldenkrise schwelt weiter. An den Finanzmärkten kehrt deshalb keine Ruhe ein. Problematisch wird dies, wenn die Eurozone auch anderen, größeren Schuldnern unter die Arme greifen muss, Italien oder Spanien zum Beispiel. Dafür reicht die ohnehin für die meisten Menschen schon unvorstellbar große Summe von 700 Milliarden Euro im Rettungsschirm nicht aus. Im schlimmsten Fall müsste Deutschland für gewaltige Summen gerade stehen. Auch deshalb empfinden viele Bundestagsabgeordnete wenige Wochen vor der entscheidenden Abstimmung ein großes Unbehagen.

Die Lage könnte sich noch zuspitzen, wenn Athen seinen Verpflichtungen nicht mehr nachkommen würde, worauf es am vergangenen Wochenende Hinweise gab. In diesem Fall hat die Bundesregierung ein großes Problem. Die Hilfen an Athen sind an die Einhaltung der Regeln gebunden. Verschließt die Bundesregierung bei Verstößen den Geldhahn, droht Griechenland der schnelle Staatsbankrott. Lässt sie ihn offen, ist auch der Rest an Vertrauen in eine verlässliche Politik verspielt – im Inland wie im Ausland. Zudem besteht die Gefahr, dass aus der Schuldenkrise der Staaten über ein Krise der Banken wieder eine Wirtschaftskrise entsteht. Das hätte sinkende Staatseinnahmen zur Folge, was die Bedrängnis der Schuldenstaaten wiederum verstärken würde. Den Ausweg aus diesem Dilemma sehen Fachleute unterschiedlich. Eine Fraktion will die Währungsunion auf wenige leistungsfähige Mitglieder begrenzen, andere peilen ein engeres Zusammenwachsen der Staaten an mit einer zentralen Finanzregierung an.