Bahn lässt sich in die Karten schauen

Im Internet werden ab sofort die Pünktlichkeitswerte veröffentlicht

Die Deutsche Bahn veröffentlicht ab sofort monatliche Pünktlichkeitsstatistiken im Internet. Im August kamen nur vier von fünf Fernzügen zur rechten Zeit ans Ziel. Im Nahverkehr lag der Wert höher. 94 Prozent der S- oder Regionalbahnen fuhren gemäß des Fahrplans. „Das muss uns antreiben“, sagte der für den Personenverkehr zuständige Vorstand Ulrich Homburg. Ehrgeizige Zielwerte für die Pünktlichkeit mag der Manager indes nicht nennen.

Als pünktlich gilt ein Zug, wenn er weniger als fünf Minuten und 59 Sekunden zu spät kommt. Eine zweite Trennlinie zieht das Unternehmen bei den mehr als 15 Minuten und 59 Sekunden hinter dem Fahrplan zurückliegenden Ankünften. Für die Statistik wertet die Bahn die monatlich gut 800.000 Fahrten aus. Der Fernverkehr wird komplett erfasst, der Nahverkehr an repräsentativen Messpunkten. Erst ab 2012 werden auch die Regionalzüge vollständig überprüft. Gemessen wird die Pünktlichkeit bei der Ankunft in jeder Station. Ein Zug, der am Start gut wegkommt und auch rechtzeitig das Ziel erreicht, kann zwischendurch mit Verspätungen an einzelnen Haltepunkten auch Minuspunkte sammeln.

Im laufenden Jahre kam die Bahn auf langen Strecken auf Pünktlichkeitswerte zwischen 77 Prozent im Januar und gut 83 Prozent im Februar. Im Nahverkehr war der Juni mit 93 Prozent der schwächste Monat, der Februar mit 94,2 Prozent der Beste. Die Kurve ist damit insgesamt recht stabil. Das ist auch die große Schwäche der eigentlich wünschenswerten Statistik. Die Darstellung der Ergebnisse lässt nur einen groben Eindruck dessen zu, was sich im Alltag der Bahnkunden tatsächlich abspielt. Weder gibt es regional aufgeschlüsselte Werte, noch werden besonders gute oder schwache Tage sichtbar. Zugausfälle werden erst gar nicht zu den verspäteten Zügen summiert. „Ein Zug, der nicht fährt, kann nicht ausgewertet werden“, begründet dies der Vorstand. Wenn wie in Berlin geschehen zeitweilig kaum eine S-Bahn fährt, diese Züge aber den Notfahrplan einhalten, gibt es hohe Pünktlichkeitswerte für die Statistik. Laut Homburg sind Züge vor allem auf den dicht befahrenen Netzen in Hessen und NRW unpünktlich, vor allem wenn neben den Personenzügen vile Güterwaggons auf den Trassen unterwegs sind.

„Wir sind nicht so schlecht, wie immer behauptet wird“, sagt Homburger mit Blick auf die für jedermann einsehbare Datenreihe. Tatsächlich trifft die Bahn an vielen Verspätungen keine Schuld. Ein Drittel der Fälle geht auf unkalkulierbare Ereignisse zurück. Dazu gehören Unwetter, Unfälle oder auch Selbstmorde auf den Gleisen. Immer öfter bleiben die Züge auch auf offener Strecke stehen, weil Kupferkabel geklaut werden. „Buntmetalldiebstahl ist ein europäisches Problem“, erläutert der Vorstand. Dagegen kann das Unternehmen wenig tun. Die Vielzahl der Oberleitungen, deren Erdungskabel offenbar für Diebe interessant sind, ist kaum zu überwachen.

Das zweite Drittel geht auf Probleme im Streckennetz zurück. Rund 30.000 Baustellen im Jahr sorgen immer wieder für Verzögerungen. Für das letzte Drittel übernimmt die Bahn selbst die Verantwortung. Zu wenige Züge in der Reserve oder auf verspätet eintreffende Reisende gehören zu den eingestandenen Quellen der verlorenen Zeit.