Wie das Füllhorn funktioniert

Braucht der Fonds zur Euro-Stabilisierung mehr Geld – und was spricht dagegen?

Weil das Haushaltsdefizit Griechenlands wächst anstatt zu schrumpfen, kommen zunehmende Zweifel auf, ob der Sanierungsplan für das Mittelmeerland funktioniert. Falls sich die Euro-Zone entgegen ihrem bisherigen Plan doch dafür entscheidet, die Hälfte der griechischen Schulden zu annulieren, könnten als Folge aber auch Italien und Spanien finanzielle Hilfe benötigen. Und dann stellen sich neue Fragen: Reicht der gerade erst vom Bundestag beschlossene Stabilisierungsfonds EFSF aus? Muss man ihn erweitern? Die Bundesbank mahnt, sehr vorsichtig zu sein.

Wie kann man den Fonds aufstocken?

Für Hilfen an überschuldete Staaten stehen 750 Milliarden Euro zur Verfügung. Davon kann der EFSF 440 Milliarden tatsächlich einsetzen, die übrigen Zusagen dienen als Sicherheit. Die plausibelste Variante wäre, wenn die Euro-Mitglieder den Fonds im Bedarfsfall mit weiterem Kapital ausstatteten. Dafür bräuchten die Regierungen die Zustimmung ihrer Parlamente. Dass die Abgeordneten unter anderem in Deutschland aber nochmals hunderte Milliarden bewilligen, ist unwahrscheinlich. Deshalb ist dieser Weg wohl nicht gangbar.

Woher erhält der Fonds trotzdem zusätzliches Kapital?

In den internationalen Diskussionen ist ein Begriff gerade besonders wichtig: der Hebel. Darunter ist zu grundsätzlich zu verstehen, dass der EFSF mittels Finanzgeschäften aus einem Euro beispielsweise fünf Euro macht. Damit stiegen die Summen, die er zur Stützung verschuldeter Staaten einsetzen kann, theoretisch auf rund zwei Billionen Euro.

Wie sähe die Geldvermehrung konkret aus?

Der EFSF könnte sich Geld bei der Europäischen Zentralbank leihen. Er würde dort von ihm erworbene Staatsanleihen hinterlegen und auf Basis dieser Sicherheit ein Vielfaches von der EZB als Kredit erhalten. Dieses geliehene Geld verleiht der Fonds dann weiter an verschuldete Regierungen, um sie über Wasser zu halten. Dieser geheimnisvolle Mechanismus des Füllhorns basiert darauf, dass die EZB als Notenbank neues Geld herausgeben kann.

Was kritisiert die Bundesbank?

Die Deutsche Bundesbank, die Teil des Euro-Systems ist, warnt laut: Erstens verbiete der Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, Staatsverschuldung mit Hilfe der Notenbank zu finanzieren. Zweitens sei dieses Verfahren ökonomisch gefährlich, weil es schließlich zu Inflation führe und die Stabilität des Euro unterminiere. Und drittens sei es höchst undemokratisch, weil die Politiker mittels der Notenbank-Finanzierung die Parlamente umgehen.

Gibt es weitere Möglichkeiten?

Wenn private Investoren künftig Anleihen Griechenlands oder anderer verschuldeter Staaten kaufen, könnte der EFSF beispielsweise 20 Prozent von deren Wert garantieren. Mit zunächst relativ wenig EFSF-Geld ließen sich damit große Anleihemengen absichern. Auch hier wirkte wieder das Hebel-Prinzip – aus wenig mach viel. Fallen diese Staatsanleihen später aber aus, muss der Fonds zahlen. Die Risiken für die Steuerzahler auch in Deutschland sind enorm.

Welche Lösung befürwortet die Bundesbank?

Nur einen Weg hält man in Frankfurt für möglich, um den Fonds etwas auszuweiten. Der EFSF könne einen Teil seines Sicherheitskapitals umwidmen und für konkrete Hilfe einsetzen. Diese Variante hat Bundesbank-Präsident Jens Weidmann unlängst bei der Anhörung im Bundestag angesprochen. Statt 440 Milliarden Euro stünden dann rund 560 Milliarden zur Verfügung. Nachteil: Wahrscheinlich würden die Rating-Agenturen die Bonität des Fonds herabstufen, weshalb er selbst Geldgebern höhere Zinsen zahlen müsste. Diese Kosten hätten aber einen heilsamen Effekt: Sie würden die Regierungen, die den Fonds tragen, disziplinieren und weitere Verschuldung verteuern.

Ist die Ausweitung des EFSF überhaupt nötig?

Nein, heißt es bei der Bundesbank. Die zur Verfügung stehenden Summen für die akutellen Programme zugunsten Griechenlands, Irlands und Portugals reichen. Auch Hilfen für Italien und Spanien ließen sich etwa ein Jahr lang finanzieren. Außerdem warnt die Bundesbank davor, die Schulden Griechenlands teilweise zu annulieren. Denn damit erhielte Athen das Signal, dass man sich ruhig weiter verschulden dürfe – Staatsbankrott als billiger Ausweg sei ja immer möglich.