Euro-Gipfel: Ist das die Rettung? Nein, schreibt Hannes Koch
Das Primat der Politik, wie es Kanzlerin Angela Merkel gerne beschwört, müsste anders aussehen. Gemessen an dem Anspruch, die Handlungsfähigkeit der Demokratie gegenüber der Wirtschaft wiederherzustellen, sind die EU-Regierungen in der Nacht zum Donnerstag einiges schuldig geblieben. Man muss deshalb befürchten, dass die Krise noch nicht zu Ende ist.
Zwar haben die europäischen Regierungen versucht, den Investoren, Banken und Hedgefonds einen gemeinsam Plan entgegenzusetzen. Die Ansage lautet: Bis hierhin und nicht weiter. Wer gegen verschuldete Euro-Staaten spekuliert, muss damit rechnen, schließlich halb enteignet zu werden – siehe der erzwungene fünfzigprozentige Forderungsverzicht der Banken gegenüber Griechenland. Und Staatspleiten wollen die Regierungen verhindern, indem sie die unglaubliche Summe von 1.000 Milliarden Euro mobilisieren.
Doch genau hier liegt das Problem. Wer eine Summe nennt, provoziert die Frage: Was passiert jenseits dieser Grenze? Reicht das Geld auch, um eine mächtige Ökonomie wie die Italiens zu stabilisieren? Weil die Regierungen diese Antwort nicht geben, geht die Spekulation möglicherweise weiter. Helfen würde letztlich nur eine ausdrückliche, unbegrenzte Garantie für den Wert europäischer Staatsanleihen – entweder durch die Europäische Zentralbank oder in Form einer gemeinsamen Haftungsübernahme der Euro-Mitglieder. Vor diesen Gegenmitteln scheut Merkel jedoch auch deshalb zurück, weil ihr die Euro-Skeptiker in der eigenen Partei im Nacken sitzen.
Dass sich die Krise fortsetzen könnte, liegt außerdem am Umgang der Politik mit den Banken. Gegen ihren Willen sollen sich die Institute zwar mit mehr Eigenkapital gegen Staatspleiten wappnen. Dafür haben sie aber bis Sommer 2012 Zeit – ein viel zu langer Zeitraum. Aggressive Investoren könnten doch wieder darauf spekulieren, dass europäische Banken zusammenbrechen. Aus Rücksicht auf die kurzfristigen Interessen der Institute spielt auch Merkel mit den Interessen von 500 Millionen Bürgern der Europäischen Union. Eine konsequente Regulierung der Wirtschaft ist das nicht.