Kein Fehler, sondern Systemversagen

Kommentar zum Milliarden-Bank-Irrtum von Hannes Koch

Rechenfehler können mal passieren. Wenn der Anstreicher mit den Quadratmetern oder die Telefongesellschaft mit den Tarifen durcheinanderkommt, hat man vielleicht Verständnis. Aber 55 Milliarden Euro, um die sich die verstaatlichte Münchner Pleite-Bank Hypo Real Estate verkalkulierte, als „Rechenfehler“ zu bezeichnen, fällt schwer. Die Dimension sprengt den Begriff. Diese Summe liegt beispielsweise höher als die Jahresgehälter aller in diesem Lande tätigen Lehrer. In dieser Größenordnung geht es um Systemversagen.

Davon wollen natürlich alle Beteiligten ablenken. In der offiziellen Schadensbegrenzung lautet die Frage: Wer hat vergessen, Plus und Minus richtig zusammenzuzählen? Fakt scheint zu sein, dass die von der HRE an die staatliche Auffanggesellschaft ausgelagerten Schrottpapiere nicht mit 216 Milliarden Euro Verlust für den Staat zu Buche schlagen, sondern nur mit 161 Milliarden. Eigentlich eine relativ gute Nachricht für uns alle – trotzdem möchte Bundesfinanzminister Schäuble die hochbezahlten Klippschüler ausfindig machen, die diesen Megabock geschossen haben.

Daneben stellen sich jedoch ganz andere Fragen: Ist ein Bankensystem, das das Gemeinwesen mal eben mit 55 Milliarden zusätzlichen Schulden beglückt, nicht viel zu groß, um noch steuerbar zu sein? Reden wir hier noch über die mangelnde Professionalität der Verantwortlichen oder wächst die Komplexität des globalen Finanzmarkts über menschliche Qualifikationen hinaus? Letzteres liegt nahe angesichts tausender Milliarden Euro, die täglich überwiesen und gehandelt werden. Die Schlussfolgerung sollte lauten: Dieses Bankensystem muss man schrumpfen. Die bisherigen Ansätze greifen zu kurz. Und was die HRE betrifft, ist es an der Zeit, auch die angeblichen funktionierenden Überbleibsel der Skandal-Bank zu liquidieren. Wer sich um 55 Milliarden verrechnet, muss seine Banklizenz zurückgeben.