Neue Energielabel mit geringer Aussagekraft

Ab Dezember gibt es bunte Verbrauchsanzeiger für TV-Geräte und Autos / Verbraucherschützer bezweifeln den Nutzen

Bei Waschmaschinen oder Kühlschränken sehen die Kunden im Geschäft schon lange auf einen Blick, ob das ausgewählte Produkt eher sparsam oder verschwenderisch mit Energie umgeht. Ab Dezember müssen auch die Hersteller von neu ausgelieferten TV-Geräten das Energielabel der EU vorweisen und auch der Autokäufer kann sich dann beim Händler mit einem Blick über die Energieeffizienz der Modelle informieren.

Damit setzt Deutschland eine EU-Richtlinie um. Doch die Aussagekraft der beiden neuen Ökolabel ist zweifelhaft. „Lassen Sie sich nicht vom Energielabel in die Irre führen“, rät die Stiftung Warentest Kunden, die sich einen neuen Fernseher kaufen wollen. Denn die Industrie schönt den Stromverbrauch trickreich, wie ein Test der Verbraucherschützer ergab. Die EU-Richtlinie schreibt vor, dass der Appetit auf Strom im so genannten Heim-Zustand des Geräts gemessen wird. Dieser Modus ist eigentlich die normale Einstellung für den Apparat. Dabei darf jedoch der Hersteller jedoch die Helligkeit des Bildes festlegen. Sie muss nur wenigstens 65 Prozent der maximalen Helligkeit betragen.

Die Tester beobachten nun, dass die Produzenten ihre Flachbildschirme mit einer geringen Maximalhelligkeit ausstatten und im Heim-Zustand ein möglichst dunkles Bild einstellen. Je dunkler es ist, desto weniger Strom frisst das Gerät und desto besser fällt das Energielabel aus. „So möchte niemand fernsehen“, kritisiert die Stiftung. Im Test stellten sie die Bilder optimal ein. Mit zunehmender Helligkeit braucht der Apparat mehr Energie.

Der Branchenverband ZVEI verteidigt die Praxis mit dem Hinweis, dass die EU-Normen für den Ausgangsmodus eingehalten werden. Den Nutzern bleibe es aber unbenommen, etwa die Bildhelligkeit zu erhöhen, was zu höheren Verbrauchswerten führen könne. „Das Energielabel bietet dem Verbraucher eine wichtige Orientierungshilfe“, glaubt ZVEI-Vizepräsident Hans-Joachim Kamp dennoch. Label könnte es künftig auch für andere Elektrogeräte geben. Kandidaten sind DVD-Player, Spielekonsolen und Audioprodukte.

Auch beim Autolabel hat die Industrie eine für die deutschen Hersteller günstige Messmethode durchgesetzt, nach der die Fahrzeuge in die farblich von grün bis rot gekennzeichneten Verbrauchsklassen eingeteilt werden. „Die schweren Autos werden bevorzugt“, sagt der Umweltexperte des Verkehrsclubs Deutschland (VCD), Gerd Lottsiepen. Denn die Bundesregierung klassifiziert die Modelle nicht alleine nach dem Spritverbrauch, sondern berücksichtigt dazu auch das Gewicht. Nach Berechnungen des VCD führt diese Methode zu seltsamen Resultaten. Der Kleinwagen Smart cdi mit einem CO2-Ausstoß von 86 Gramm landet demnach in mäßigen Klasse „C“, ebenso wie der zwei Tonnen schwere Porsche Cayenne Diesel, der 189 Gramm des Klimagases abgibt.

Der Verband der Automobilindustrie (VDA) verteidigt die Formel, nach der die Einstufung berechnet wird. „Die Folge einer absoluten Regelung wäre, dass kleine Autos grundsätzlich grün und größere Autos prinzipiell rot eingestuft würden“, argumentiert der Verband. Ein Familienvater wolle nicht wissen, wie viel ein Kleinwagen verbraucht, sondern ein umweltfreundliches Fahrzeug unter den für Familien tauglichen finden. Umweltverbände klagen dagegen über einen zu hohen Einfluss der Hersteller auf die Bundesregierung. Die Deutsche Umwelthilfe klagt nun sogar beim Europäischen Gerichtshof um die Herausgabe von Informationen durch die Bundesregierung. Sie will wissen, wie eng die deutschen Hersteller mit dem Wirtschaftsminister zusammengearbeitet haben.

Das Energielabel für Autos umfasst mehr als Daten zum Spritverbrauch. Angegeben wird darüber hinaus das Fahrzeuggewicht. Aus beiden Werte wird die Effizienz des Antriebs und damit ie Einstufung in eine der Güteklassen von der besten, A+, bis zur schlechteste G errechnet. Für das E-Mobil ist die Grafik bereits gerüstet. Angegeben werden müssen auch der Verbrauch anderer Energieträger als Erdöl. Abgeschlossen wird die Darstellung durch Angaben zu den jährlichen Kosten des Treibstoffs und der für das Modell fälligen Kfz-Steuer.