Was passiert, wenn die Griechen ausscheren?
Kann Griechenland die Euro-Zone problemlos verlassen?
Die Verträge zur Einführung der Gemeinschaftswährung sehen keine Austrittsmöglichkeit eines Mitgliedslandes vor. Sollte ein Land den Euro jedoch partout wieder aufgeben wollen, werden ihm keine Steine in den Weg gelegt. Das haben die wichtigsten Regierungschefs schon deutlich gesagt. Umgekehrt ist es schwieriger. Gegen seinen Willen kann kein Land aus der Eurozone herausgeworfen werden. Am Ende zählen jedoch Verträge wenig. Wenn die Politik neue Rahmenbedingungen setzen will, kann sie dies auch tun.
Drachme gegen Euro – wird das Geld einfach nur umgetauscht?
Von einer simplen Umtauschaktion wie 1990 in Deutschland, als die D-Mark zu einem festen Kurs in Ostdeutschland eingeführt wurde, könnte im Falle Griechenlands nicht die Rede sein. Zwar kann die Regierung per Gesetz alle Guthaben auf Bankkonten in Drachmen umwandeln und auch das vorhandene Bargeld gegen eine eigene Währung umtauschen sowie Rechnungen und Löhne nur noch in Drachmen bezahlen. Wahrscheinlicher ist, dass die Menschen ihre Euro entweder im Ausland anlegen, wo der Euro je weiterhin eine stabile Währung ist oder als Bargeld horten, bis sie Vertrauen in die Drachme entwickeln. Denn alle Experten erwarten nach Einführung einer nationalen Währung in Griechenland eine massive Abwertung des Geldes. „Es ist schwierig, den Umtauschkurs zu prognostizieren“, sagt die Finanzexpertin des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Dorothea Schäfer.
Welche wirtschaftlichen Folgen hätte ein Austritt für Griechenland?
Das Land muss mit einer katastrophalen Entwicklung rechnen. Praktisch über Nacht wäre der Staat pleite, weil die Euroländer dann keine Notkredite mehr gewähren und die Europäische Zentralbank (EZB) keine Staatsanleihen mehr vom Markt nimmt. Bei einer Zahlungsunfähigkeit kann das Land keine neuen Kredite mehr aufnehmen, weil kein Geldgeber dieses Risiko eingeht. Also Folge kann die Regierung nur noch das ausgeben was sie einnimmt. Entweder müssen dann die Ausgaben extrem gedrosselt werden, etwa in dem man Staatsbedienstete entlässt, oder es werden einfach Drachmen gedruckt und ausgegeben. Die Arbeitslosigkeit steigt und das Geld verliert schnell an Wert. Laut Schäfer bietet dies die Chance, auf den Exportmärkten wieder wettbewerbsfähig zu werden, weil die Produkte dann billig angeboten werden können.
Worauf sollten sich die Bürger Griechenlands einstellen?
Sollte der Staatsbankrott eintreten, kann sehr schnell das Bankensystem zusammenbrechen. Auch Kontosperrungen sind realistisch, wenn die Drachme wieder eingeführt werden sollte. Der Geldkreislauf könnte zusammenbrechen. Im Falle Argentiniens trommelten empörte Bürger auf Kochtöpfen vor den Banken, weil ihre Guthaben eingefroren wurden. Vielfach entstand mangels Geld eine Tauschwirtschaft. Über Versorgungsprobleme hinaus drohen Preissteigerungen und Wertverluste bei den privaten Vermögen durch die Abwertung der neuen Währung.
Ist in diesem Fall der Euro insgesamt am Ende?
Darüber lässt sich nur spekulieren. Es kann sein, dass mit einem Ausfall Griechenlands wieder Ruhe einkehrt und die Lage stabiler wird. Ebenso gut ist eine Ausweitung der Probleme vorstellbar, falls andere Länder in Zahlungsschwierigkeiten geraten und ebenfalls ausscheren wollen. Der Ausgang der Ereignisse ist offen.
Wäre auch die Weltwirtschaft von einer Staatspleite der Hellenen betroffen?
Die Weltwirtschaft spürt die Griechenland-Krise indirekt. Das Land selbst spielt ökonomisch keine große Rolle. Wenn jedoch die Banken international durch die Zahlungsausfälle bei den Hellenen in finanzielle Not geraten, können sie weniger Kredite für die Wirtschaft vergeben. Zudem hängt ein guter Teil der konjunkturellen Entwicklung von der Stimmung in der Wirtschaft und bei den Konsumenten ab. Je länger die Verunsicherung über die weitere Entwicklung im Euroraum anhält, desto stärker wirkt sich dies auf das Wachstum der Weltwirtschaft aus.
Müsste Deutschland Milliardensummen abschreiben, wenn die Griechen ihre Schulden nicht mehr bezahlen können?
„Ja, Deutschland ist an diversen Rettungspketen substanziell beteiligt“, erläutert Schäfer. Die EZB hat griechische Staatsanleihen im Wert von mehreren Dutzend Milliarden im Depot, die dann an Wert verlieren. Der Deutsche Anteil an der EZB beträgt knapp 19 Prozent. Verloren gehen im schlimmsten Fall auch die von griechischen Banken hinterlegten Wertpapiere, die bisher gewährten Notkredite und alle andere Darlehen deutscher Banken an Griechenland. Davon wäre auch die bundeseigene KfW betroffen, die für die Bundesregierung 13,5 Milliarden Euro nach Athen überwiesen hat. Der Ernstfall kann also sehr teuer werden.
Gibt es Beispiele Austritt aus einer Währungszone?
Es sind schon ganze Währungen auseinandergebrochen und Staaten haben ihren Bankrott erklärt. Aber den Austritt aus einer Währungszone gab es noch nicht.