Wirtschaftsweise legen Plan B zur Euro-Rettung vor

Teil der Staatsschulden könnte über 20 Jahre lang vergemeinschaftet werden / In Deutschland müsste dazu das Volk befragt werden

Die fünf so genannten Wirtschaftsweisen haben einen Plan B entwickelt, mit dem die Eurozone langfristig stabilisiert werden könnte. Sollten die bisherigen Rettungsschirme zur Beruhigung der Märkte nicht ausreichen, schlägt das Sachverständigenrat (SVR) der Bundesregierung einen Schuldentilgungspakt in der Währungsunion vor. Für diesen Fonds sollen alle Länder gemeinsam haften. Der Euro bringt Deutschland nach Ansicht der fünf Professoren mehr Vorteile als Nachteile, weil Wirtschaft und Arbeitsmarkt nicht wie zu D-Mark-Zeiten unter einer permanenten Aufwertung der Währung leiden. „Der Schutz ist nicht kostenlos zu haben“, betonte der Vorsitzende des Gremiums, Wolfgang Franz.

Der Schuldenpakt soll auf einen Zeitraum von bis zu 25 Jahren befristet sein. Jedes Euroland bleibt für Verbindlichkeiten in der Höhe von 60 Prozent seiner jährlichen Wirtschaftsleistung allein verantwortlich. Die darüber hinaus gehenden Miesen – Italiens Schuldenstand ist zum Beispiel doppelt so hoch – werden in den Gemeinschaftsfonds eingebracht. Zugleich wird für jedes Land eine Tilgungsvereinbarung geschlossen. Innerhalb von gut zwei Jahrzehnten begleichen die Länder dann diese Schulden und der Pakt läuft aus.

Die Gemeinschaftshaftung wollen die Experten an strikte Gegenleistungen aller Staaten knüpfen. So sollen die nationalen Regierungen Schuldenbremsen einführen und dürfen nach einer Übergangszeit fast keine neuen Schulden mehr machen und müssen Reformen für mehr Wachstum durchführen. Die ersten fünf Jahre werden als Anlaufzeit genommen. Verstößt ein Land gegen die Bedingungen, fliegt es aus dem Fonds und muss sich allein an den Kapitalmärkten Geld borgen. Finanziert wird der Fonds durch einen nationalen Steueraufschlag. Schließlich besteht der Pakt auf Sicherheiten in Höhe von 20 Prozent der übernommenen Schulden, Dafür müssen die Notenbanken ihre Währungsreserven verpfänden. „Mit diesem Vorschlag würde man sich Luft verschaffen“, sagt SVR-Mitglied Lars Feld.

Nach Berechnungen der Wirtschaftsweisen würden die Euroländer in den nächsten Jahren 2,3 Billionen Euro Schulden vergemeinschaften. Italien mit 41 Prozent davon und Deutschland mit einem Viertel würden am meisten Anleihen abgeben. Belgien, Spanien und Frankreich könnten sich auf diese Weise Entlastung verschaffen. Der Fonds würde nach Einschätzung des Sachverständigen Peter Bofinger weniger Zinsen zahlen müssen als der Rettungsschirm.

Die Belastung der Krisenländer wäre somit erträglich, wie der Rat am Beispiel Italiens vorrechnet. Die römischen Regierungen müssten jährlich drei Prozent ihre Bruttoinlandsproduktes für Zins und Tilgung aufbringen. 2035 wäre der problematische Teil der Staatsschuld dann abgetragen. Das Angebot ist für Krisenländer attraktiv. Italien musste zum Beispiel an diesem Dienstag mit über sieben Prozent Rekordzinsen für neue Anleihen bezahlen. Allein im kommenden Jahr muss der Staat 380 Milliarden Euro an den Kreditmärkten aufnehmen. Bei diesem hohen Zinssatz wäre das Land finanziell wohl schnell an der Grenze seiner finanziellen Möglichkeiten.

Welche Kosten auf Deutschland zukommen würden, ließen die Sachverständigen offen. Allerdings hält der Rat diesen Weg für die beste Alternative. „Entscheidend ist, dass der Fonds sich über eine feste Tilgungsvereinbarung wieder selbst abschafft“, betont Franz. Mit dem Grundgesetz ist die Idee allerdings nicht ohne Änderung vereinbar. „Das bedeutet, dass eine Volksabstimmung darüber stattfinden müsste“, stellt Ratsexperte Feld klar.