Die neue Pflicht zum Energiesparen

Energieversorger sollen Haushalten helfen, den Verbrauch zu senken

Bei der Energiewende geht es nicht nur um neue Windparks, Solaranlagen und umweltfreundliche Erzeugung. Wichtig ist auch die schlichte Frage: Was tun die Bürger, um in ihren Haushalten weniger Wärme und Strom zu verbrauchen?

Um ein Fünftel soll der Primärenergieverbrauch bis 2020 sinken – so hat es die Europäische Union beschlossen. Allerdings klappt das bisher nicht richtig. Deshalb unternimmt EU-Energie-Kommissar Günther Oettinger nun einen neuen Anlauf. Er hat den EU-Staaten einen Richtlinien-Vorschlag geschickt. Der entscheidende Punkt: Alle Energieversorger sollen bei ihren Kunden jährlich 1,5 Prozent Energie einsparen im Vergleich zu der Menge, die sie im Jahr zuvor verkauft haben.

Weil Oettinger kein freiwillig zu erreichendes Ziel, sondern eine verpflichtende Regelung plant, ist die Bundesregierung nun entlang der bekannten Linie gespalten. Umweltminister Norbert Röttgen (CDU) unterstützt den Vorschlag, Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) lehnt zentrale Punkte ab. Am kommenden Dienstag ist ein klärendes Gespräch mit den Ressorts im Bundeskanzleramt anberaumt.

Was muss man sich konkret vorstellen, wenn Energieversorger bei ihren Kunden Energieeinsparung betreiben? Beispielsweise könnten die Unternehmen die Privathaushalte beraten, sparsame Beleuchtung zu installieren oder den alten Kühlschrank durch einen neuen zu ersetzen. Hausbesitzer würden Unterstützung erhalten, um die Außenwände zu dämmen oder die Heizung zu renovieren. Derartige Dienstleistungen könnten sich die Energieversorger auch bezahlen lassen als Ausgleich für etwaige Verluste aus geringerem Energieverkauf.

Das Wirtschaftsministerium jedoch kann mit Oettingers Plan nicht viel anfangen. „Bei der konkreten Ausgestaltung handelt es sich um eine planwirtschaftliche Maßnahme“, heißt es in einer Stellungnahme, die dieser Zeitung vorliegt. „Artikel 6 in seiner jetzigen Form“ – der Passus der Richtlinie mit Oettingers Verpflichtung – „muss daher ersatzlos entfallen“, schreibt das Ministerium weiter. Das Ziel der 1,5-prozentigen Energieeinsparung sei „willkürlich festgelegt“. Röslers Mitarbeiter befürchten „negative Folgewirkungen, insbesondere steigende Energiepreise, weil Unternehmen ihre zusätzlichen Kosten auf die Endverbraucher umlegen“.

Diese Argumentation stößt im Umweltministerium auf Unverständnis. Oettingers Vorschlag sei nicht gemeint als Beschränkung des Energieabsatzes der Unternehmen. Die Firmen sollten nur verpflichtet werden, quantifizierbare Maßnahmen zur Einsparung bei ihren Kunden nachzuweisen. In dieser Sichtweise kann ein Stromunternehmen die Haushalte beispielsweise bei der Wärmedämmung beraten und so seine Verpflichtung erfüllen.

Außerdem, so heißt es im Umweltministerium, könnten die Energieversorger und Netzbetreiber das Einsparziel auch gemeinsam als Branche erreichen. Die Verpflichtung beziehe sich nicht in erster Linie auf einzelne Unternehmen. Oettingers Plan liege im übrigen auf der Linie dessen, was die Bundesregierung bereits in ihrem eigenen Energiekonzept beschlossen habe.

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Weniger Kosten

Wenn die deutschen Privathaushalte und Unternehmen weniger Strom, Wärme und Treibstoff verbrauchen würden, könnte dies auch finanzielle Einsparungen bewirken. Darauf weist Ingrid Nestle, die energiepolitische Sprecherin der Grünen, hin. Bürger und Firmen könnten jährlich bis zu 20 Milliarden Euro sparen, wenn sie 20 Prozent weniger Energie verbrauchten, argumentiert die Grüne. EU-weit summiere sich der Kostenvorteil auf bis 50 Milliarden Euro.