Bayern will Berlin nicht mehr mit Milliarden Euro subventionieren
Riesige neue Parks, der Wiederaufbau des Preußenschlosses für schätzungsweise eine Milliarde Euro, eine wunderbare neue Zentralbibliothek, obwohl es bereits eine Staatsbibliothek gibt – die Projekte und Ausgabewünsche Berlins sind unbegrenzt. Millionen Touristen finden die Hauptstadt super. Doch in anderen Regionen Deutschlands fragt man sich, ob man die wachsende Attraktivität der Metropole weiter subventionieren soll. Vor allem die Landesregierungen Bayerns und Hessens wollen ihr Geld lieber zu Hause verbrauchen.
Deshalb ist abermals eine Debatte über den Länderfinanzausgleich in Gang gekommen. So heißt das Verfahren, nach dem reiche Bundesländer ärmere Regionen innerhalb Deutschlands finanziell unterstützen. Gegenwärtig zahlen nur noch die wirtschaftlich starken Länder Bayern, Baden-Württemberg, Hessen und Hamburg in den gemeinsamen Topf ein. Die übrigen zwölf Länder erhalten Geld – Berlin am meisten: gut drei Milliarden Euro pro Jahr.
Vorschlag 1: Deckeln
Das stört vor allem Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer. Kein Wunder: Das südliche Bundesland hat 2011 alleine rund 3,6 Milliarden im Namen der Ländersolidarität überwiesen. Der CSU-Politiker plädiert deshalb dafür, die Zahlung an den ärmeren Norden und Osten Deutschlands einzuschränken.
Ähnlich sieht das Hessens Finanzminister Thomas Schäfer (CDU). Für den Fall, dass Berlin und andere Empfänger der Hilfe keine Bereitschaft zu einem Kompromiss noch in diesem Jahr erkennen ließen, droht Schäfer mit einer Klage vor dem Bundesverfassungsgericht. Wie die bayerische sagt auch die hessische Landesregierung schlicht: Wir wollen weniger zahlen. Wieviel, beziffert man nicht.
Ablehnend reagierte darauf Berlins Finanzsenator Ulrich Nußbaum. Gegenüber dieser Zeitung erklärte er: „Wir rütteln nicht am jetzigen System. Der Länderfinanzausgleich wird in seiner aktuellen Form bis 2020 Bestand haben.“ Nußbaum regt an, die schwer zu durchschauenden förderalen Finanzflüsse insgesamt zu überprüfen und eine solide Lösung für nach 2020 zu finden. Bis zu diesem Termin muss sich sowieso viel ändern. Ab 2020 dürfen die Bundesländer beispielsweise keine neuen Schulden mehr machen.
Vorschlag 2: Abschaffen
Weil bis dahin noch Zeit für grundsätzliche Debatten ist, brachte Winfried Kretschmann, Baden-Württembergs grüner Ministerpräsident, eine radikale Idee ins Spiel. Die Verteilung von Milliarden Euro zwischen den Ländern würde ersetzt durch die zentrale Zuweisung unterschiedlicher Beträge seitens des Bundesfinanzministeriums. Um diese Bundeszuteilung zu finanzieren, müssten die Länder im Gegenzug auf einen Teil der ihnen heute zustehenden Steuern verzichten, so Kretschmann. Seine Überlegung: Wird das Geld zentral verteilt, ist die Neiddebatte zwischen Süd und Nord beendet.
Vorschlag 3: Umsatzsteuer
In eine teilweise ähnliche Richtung geht auch das Gutachten von Nathalie Behnke, Professorin der Verwaltungswissenschaft in Konstanz, im Auftrag der Grünen. Sie regt an, den Ländern zentral unterschiedliche Beträge aus den Umsatzsteuer-Einnahmen zu überweisen und gleichzeitig die Kriterien der Verteilung plausibler und transparenter zu machen. Anstatt die Finanzkkraft eines Landes im wesentlichen nur an den unterschiedlichen Steuereinnahmen pro Kopf der Bevölkerung zu messen wie heute, sollte man auch Variablen wie Arbeitslosigkeit, Alter der Bevölkerung und besiedelte Fläche berücksichtigen.
Unter dem Strich allerdings ist klar: 2020 werden die sozialen und ökonomischen Unterschiede zwischen armen und reichen Ländern nicht verschwunden sein. Solidarität steht auch dann auf der Tagesordnung. Die einfache Frage bleibt: Wieviel Geld wird mit Hilfe welcher Mechanismen umverteilt?