Die Frauenquote ist wunder Punkt der Fluggesellschaften. Traut Euch in die Cockpits, sagen sie.
Nach New York, Dubai oder Singapur soll es später einmal gehen. Langstrecke zu fliegen, das ist Anke Hüpperlings Traum. In ein paar Jahren könnte die 24-Jährige tatsächlich im Cockpit eines Airbus oder einer Boing sitzen und den Atlantik hoch über den Wolken überqueren. Gerade absolviert die junge Mönchengladbacherin eine Ausbildung zur Verkehrsflugzeugpilotin – an der dortigen RWL German Flight Academy.
Die Ausbildung ist teuer. Die Anforderungen sind hoch. Dennoch entscheiden sich jedes Jahr Tausende junge Menschen dafür, ihren Traum vom Fliegen wahr werden zu lassen. Auch wenn sich immer mehr Frauen in die Branche trauen, bleiben sie in der Minderheit. Gerade einmal 348 Frauen waren unter den insgesamt 9.372 Piloten, die 2008 ihre Lizenz zum Verkehrsflugzeugführer erhielten. Im vergangenen Jahr waren es 405 von 9.894.
Die Frauenquote ist wunder Punkt der Airlines. Seit Jahren bewegt sie sich bei der Lufthansa um die sechs Prozent. Dabei wünscht sich die Kranichairline mehr weibliche Flugzeugführer ins Cockpit. „Ist eine Pilotin in der Crew, verbessert sich das Kommunikationsklima“, sagt Unternehmenssprecher Michael Lamberty. Klar müsse man sich damit anfreunden, in einem technischen Umfeld zu arbeiten. Das bedeute aber nicht, dass man an Triebwerken herumschraubt.
Nicht nur der Gedanke, der Beruf sei viel zu technisch, könnte Frauen davon abhalten, sich der Karriere zu stellen. „Sie denken vielleicht, Familie und der Beruf als Pilotin passen nicht zusammen, weil die Arbeitszeiten so unregelmäßig sind“, erläutert Lamberty. Doch das sei eine falsche Annahme, schließlich gebe es zahlreiche Teilzeitmodelle.
Auch Jens Küper, der mit seinem Vater Werner Küper die RWL German Flight Academy leitet, wünscht sich, dass mehr Frauen den Luftraum erobern. „Sie machen den Job nicht weniger gut“, sagt er. Der Weg zur Verkehrspilotenlizenz sei allerdings anspruchsvoll. 18 bis 20 Monate dauert die Ausbildung an seiner Schule. „Die Schüler müssen immer zur Verfügung stehen und so etwas wie Sommerferien gibt es bei uns nicht.“
Rund 6.000 junge Menschen versuchen ihr Glück jedes Jahr bei der Lufthansa, der größten deutschen Fluggesellschaft. Doch nur zwischen acht und zehn Prozent von ihnen überstehen den harten Bewerbungsmarathon. „Da wird kräftig gesiebt“, sagt Unternehmenssprecher Michael Lamberty. „Es gilt über alle Hürden zu springen.“ Piloten müssten in allen Disziplinen gut sein. Man suche keine Überflieger. Aber schlechte Mathe- oder Englischkenntnisse ließen sich hier nicht durch gute Geographie- oder Technikkenntnisse ausbügeln.
Trotz der hohen Ablehnungsquote sollte sich keiner davor scheuen, sich den Einstellungstests der Kranichairline zu stellen. „Wer denkt, er hat das Zeug zum Flugkapitän, sollte sich bewerben“, ermutigt Lamberty. In diesem Jahr stehen die Chancen, einen der begehrten Ausbildungsplätze zu ergattern, sogar geringfügig besser. 330 Flugschüler sucht das Unternehmen – 50 mehr als 2011. Wer bei Lufthansa nicht genommen wird, sollte dennoch nicht verzagen. „Eine Absage bedeutet nicht unbedingt, dass aus dem Bewerber kein guter Pilot werden kann“, sagt der Unternehmenssprecher.
Ganz egal bei welchem Betrieb Verkehrsflugzeugpiloten ihre Ausbildung absolvieren – sie ist teuer. 60.000 Euro beträgt der Eigenanteil der Teilnehmer bei der Lufthansa. Bis der Betrag fällig wird, stellt ihn die Airline jedoch zins- und tilgungsfrei. Erst, wenn die Absolventen ihren Job in der Tasche haben und die ersten Gehaltszahlungen auf dem Konto eingegangen sind, steht die Rückzahlung in monatlichen Raten von mindestens 300 Euro an. Bei einem Verdienst von 60.000 Euro im ersten Jahr, schlägt dieser Betrag jedoch kaum zu Buche.
67.000 Euro wird Anke Hüpperling am Ende ihre Ausbildung samt Fluglizenz berappt haben. Die 24-Jährige ist froh, dass ihre Eltern sie finanziell unterstützen. Doch auch Schüler der Mönchengladbacher Flugakademie, die nicht so viel Glück wie Anke haben, müssen auf den Traum vom Fliegen nicht verzichten. Sie können auf ein Darlehen der Nationalbank zählen, für das sie keine Sicherheiten mitbringen müssen.
Tipp: Lufthansa und die RWL German Flight Acadmy sind nur zwei von insgesamt 84 Betrieben in Deutschland, die Piloten ausbilden. Im Internet unter www.vcockpit.de finden Interessierte eine Checkliste für die Auswahl einer geeigneten Flugschule.