Ältere entdecken das Leben auf Pump

Vor allem Autos, Möbel und Reisen werden mit Krediten finanziert / Zahlungsmoral bei Rentnern höher als im Durchschnitt

Ältere finanzieren ihren Konsum immer häufiger auf Pump. Nach Angaben der Auskunftei Schufa nahm der Anteil der 60- 65-jährigen mit einem Kredit in den letzten zehn Jahren um 41 Prozent, bei den 70- bis 74jährigen um 65 Prozent und bei den noch älteren sogar um 113 Prozent zu. Statt den Lebensabend sparsam zu verbringen, genießt die heutige Rentnergeneration den Ruhestand. Nach Beobachtung der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) fühlen sich die Menschen auch jünger als sie eigentlich sind. Das führt auch zu einem veränderten Kaufverhalten, zumal viele Rentnerhaushalte finanziell gut gestellt sind. „Sie verfügen über eine gewaltige Kaufkraft“, stellt GfK-Experte Karsten John fest. 400 Milliarden Euro im Jahr können die Senioren ausgeben.

Für Banken und Handelsunternehmen, die das Geschäft mit Darlehen betreiben, sind Ältere zu einer interessanten Zielgruppe geworden. „Die älteren Menschen sind besonders zahlungstreu und zuverlässig“, berichtet Schufa-Chef Michael Freytag. Bezogen auf alle Kreditnehmer liegt die Ausfallquote bei den Ratenvereinbarungen bei 2,5 Prozent. Bei den Senioren beträgt sie nur zwei Prozent. Vorbei sind anscheinend auch die Zeiten, in denen Banken Kunden nur mit Blick auf ihr hohes Alter keinen Kredit mehr geben wollten. Die Lebensrealität verändere das Marktverhalten der Wirtschaft, erklärt Freytag.

Ein Grund für die zunehmenden Käufe auf Pump sind die in vielen Seniorenhaushalten vorhandenen Vermögenswerte. 60 Prozent der Älteren wohnen in der eigenen Immobilie. Im Durchschnitt haben sie zudem 30.000 Euro an Vermögenswerten in Reserve. Die Gefahr, durch spätere Zahlungsverpflichtungen in finanzielle Not zu geraten, ist daher gering. Die Zahlen täuschen in einer Hinsicht. Denn viele Rentnerhaushalte kommen gerade so über die Runden. Doch der Durchschnittswert zeigt, dass noch keine Altengeneration so wohlhabend war wie die jetzige.

Statt die eigenen Rücklagen aufzuzehren, finanzieren viele Ältere große Ausgaben lieber mit einem Kredit. An der Spitze der Anschaffungen stehen hierbei Autos, gefolgt von Unterhaltungselektronik, Haushaltsgeräten und Möbeln. Aber auch Reisen bezahlen viele Rentner laut GfK häufig lieber in Raten. Die durchschnittliche Kreditsumme ist zumindest bei den 60-65-jährigen noch überdurchschnittlich hoch. 8.791 Euro beträgt sie in dieser Altersklasse. Bezogen auf alle Darlehen lag die Summe 2011 gut 1.000 Euro niedriger. Mit zunehmendem Alter geht die Höhe der Kredite dann aber zurück.

Die Älteren werden so auch für die Wirtschaft immer wichtiger. „Die Zeiten sind vorbei, in denen von einer werberelevanten Zielgruppe bis 49 Jahren gesprochen wurde“, erläutert John. Derzeit sind 21,5 Millionen Bundesbürger älter als 60 Jahre. Bis 2030 wird diese Altersgruppe auf über 28 Millionen anwachsen und ein Drittel der Bevölkerung ausmachen.