Ärger über zu hohe Beiträge

Verbraucherschützer kritisieren Preisanstieg in der Privaten Krankenversicherung/ Anbieter sehen sich zu Unrecht beschuldigt

Privat Krankenversicherte müssen teilweise drastische Beitragserhöhungen hinnehmen. Das ist das Ergebnis einer Untersuchung des Bundesverbands der Verbraucherzentralen (vzbv). Zudem erschwerten die Unternehmen ihren Mitgliedern den Wechsel in einen anderen Tarif. „Es gibt erheblichen Veränderungs- und Reformbedarf“, sagte vzbv-Chef Gerd Billen bei der Vorstellung der Ergebnisse am Donnerstag in Berlin.

Bundesweit 144 Bürgerbeschwerden haben die Verbraucherzentralen ausgewertet. Damit ist die Studie keineswegs repräsentativ, zeigt aber Probleme auf. Um rund 24 Prozent erhöhten die Versicherungen demnach die Beiträge zum Jahreswechsel. „Negativ aufgefallen sind besonders die Central Krankenversicherung und die Gothaer Versicherung“, sagt Michael Wortberg, Versicherungsreferent der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz. Hier habe es durchschnittliche Erhöhungen von 28,2 Prozent beziehungsweise 26,4 Prozent gegeben.

Vor allem ältere Versicherte über 45 Jahre und jene mit langjährigen Verträgen sind laut Studie von extremen Preissteigerungen betroffen. „Kunden berichten, dass sie die Beitragserhöhungen im Ruhestand auf keinen Fall mehr zahlen können“, so Wortberg. In einem Extremfall zahle eine 59-jährige Frau eine monatliche Prämie von 1.095 Euro.

Auch der Tarifwechsel in der Privaten Krankenversicherungen (PKV) klappt nicht gut. Nur in vier der insgesamt 144 ausgewerteten Fälle sei in den Unterlagen zu erkennen gewesen, dass der Wechsel in einen anderen Tarif des Unternehmens problemlos durchgeführt werden konnte. Das System ist „überholt“, urteilt vzbv-Chef Billen angesichts dieser Ergebnisse.

Für eine Reform schlägt der oberste Verbraucherschützer unter anderem vor, dass die Versicherungen die Prämien nicht mehr ausschließlich anhand des Krankheitsrisikos des Einzelnen berechnen. Zudem müssten sie soziale Härtefälle über einen „Härtefall“-Fonds ausgleichen. Auch die Einführung des Sachleistungsprinzips wie es in der Gesetzlichen Krankenversicherung üblich ist, hält Billen für notwendig. Versicherte müssten Behandlungskosten dann nicht mehr vorstrecken. Die Abrechnung würde direkt über die Versicherung erfolgen. 

Die Koalition hält am System bislang fest, auch wenn einzelne Abgeordnete anders denken. Grüne und SPD wollen vor allem, dass für alle Versicherten dieselben Regeln gelten. Der Verband der Privaten Krankenversicherung zeigt sich indes überrascht. „Dass die Verbraucherzentrale aus bundesweit 144 Beschwerden bei insgesamt 9 Millionen Privatvollversicherten allen Ernstes Schlussfolgerungen über angebliche Systemfehler der PKV ziehen will, ist schlicht unseriös“, sagt Verbandsdirektor Volker Leienbach. In Einzelfällen, in denen sich Versicherte von der Beitragsentwicklung in ihrem Tarif überfordert fühlten, gebe es wirksame Alternativen.