Mogelpackung Biotüte

Abbaubare Plastiktaschen sind nichts für die Biotonne/ Deutsche Umwelthilfe spricht von Werbelüge

Alles Warten war vergebens. Auch nach einem dreiviertel Jahr lag die angebliche Biotüte noch immer auf Herbert Probsts Komposthaufen. „Da hatte sich noch nichts getan“, sagt Probst vom Verband Humus- und Erdenwirtschaft (VHE). Dabei sollte die Tragetasche zu Erde zerfallen. Das Versprechen Handelskonzerne wie Aldi oder Rewe. Als Mogelpackung stempelt nun die Deutsche Umwelthilfe (DUH) die bunten Bioplastiktaschen ab.

„100 % kompostierbar“ prangt groß auf der Aldi-Tasche, dennoch gehört sie, wie andere abbaubare Plastiktragebeutel auch, nicht in den Biomüll. So lautet das Fazit der DUH nach eigenen Recherchen. Kompostierbetriebe sortierten die Tüten als Störstoffe aus – entweder vor oder nach der Kompostierung. Dann landeten sie in der Müllverbrennungsanlage. Und recyceln ließen sich die Biokunststofftaschen ebenso nicht.

Seit wenigen Jahren bieten Aldi und Rewe in ihren Filialen Tüten aus so genanntem Bioplastik an, die etwas teurer als herkömmliche Einwegtragetaschen sind. „Sie bestehen nur zu 30 Prozent aus Maisstärke basiertem Kunststoff“, kritisiert DUH-Chef Jürgen Resch. Beim Mais handele es sich obendrein häufig um genmanipulierten Mais aus den USA. Der Rest des Kunststoffs basiere auf Erdöl.

„Die Unternehmen locken die Verbraucher auf den falschen Weg“, moniert Resch. Stehe „100 Prozent kompostierbar“ auf der Tüte, würden die Bürger denken, man könne sie in den Bioabfall packen. Doch weder eine herkömmliche noch eine Bioplastiktasche habe darin etwas zu suchen.

Dass abbaubare Einkaufstüten nichts für den Biomüll sind, stimmt allerdings nicht ganz. In einer industriellen Kompostieranlage, die mit viel höheren Temperaturen und anderen Mikroorganismen funktioniert als der Abfallhaufen im Garten, zerfallen die Beutel weitgehend innerhalb von zwölf Wochen. Hier liegt der Haken: Deutsche Kompostieranlagen arbeiten in der Regel mit deutlich kürzeren Verweilzeiten von fünf bis sechs Wochen.

Von den Handelsketten forderte die Deutsche Umwelthilfe nun ein Ende der „Werbelüge“. Von Verbraucherschutzministerin Ilse Aigner (CSU) verlangt DUH-Chef Resch, der Kundentäuschung ein Ende zu bereiten. Den Vorwurf der Werbelüge weist Rewe indes zurück. Das Angebot dieser Tragetaschen sei vielmehr ein erster Schritt, weniger fossile Ressourcen wie Mineralöl einzusetzen.
   
In Zukunft könnten die Bioplastiktüten tatsächlich umweltfreundlich werden. „Der Kunststoff entwickelt sich permanent weiter“, erläutert Jens Boggel vom Unternehmen Victor Güthoff & Partner, das 30 bis 40 Millionen biologisch abbaubarer Plastiktüten pro Jahr mit Kunststoffen von BASF produziert. In zwei Jahren, prognostiziert er, zerfallen die Tragetaschen in ungefähr drei Wochen. Dem Argument, Biotüten seien nicht recycelbar, hält Boggel vehement entgegen: „Schon heute lassen sich die Materialien mit der richtigen Technik zu wieder verwendbarem Granulat recyceln“.