Wende mit Geduld

Kommentar zum Energiegipfel von Hannes Koch

Die Energiewende ist kein Desaster, sondern ein Generationenprojekt. Insgesamt wird es 40 bis 50 Jahre dauern, von nuklear-fossiler auf regenerative Energieversorgung umzusteigen. Angesichts dieses langen Zeitraums sind manche aktuellen Probleme, die auf den ersten Blick höchst kompliziert aussehen, nur kleine Klippen, die die Politik mit etwas Geduld ohne Schwierigkeiten umschiffen kann. Das hat der Energiegipfel von Kanzlerin Merkel und den Ministerpräsidenten am Mittwoch gezeigt.

Geht der Ausbau der zur Verteilung des Ökostroms notwendigen Hochspannungsleitungen zu langsam voran? Teilweise ja, manche Leitungen werden seit Jahren geplant, sind aber wegen Koordinationsproblemen zwischen den Bundesländern noch immer nicht fertig. Wenn sich die Verantwortlichen wie am Mittwoch zusammenraufen, lässt sich diese Blockade aber überwinden. Aus der Zersplitterung der Planung hat man inzwischen übrigens gelernt und für weitere Hochspannungsleitungen ein bundeseinheitliches Genehmigungsverfahren geschaffen.

Wird die deutsche Stromversorgung unsicherer? Weil man die Atomkraftwerke nach und nach abschaltet und die Ökoenergie wetterbedingt stark schwankt, ist die Versorgung nicht immer so stabil wie früher. Aber auch das lässt sich regeln. Die Netzbetreiber werden Reserveenergie bei den Betreibern neuer Gaskraftwerke kaufen. Das könnte mittels Versteigerungen geschehen, damit der günstigste Anbieter zum Zuge kommt und die Verbraucher nicht zuviel bezahlen.

Damit sind wir beim Geld. Wird die Energiewende zu teuer? Sicher ist, dass die Strompreise weiter steigen. Schließlich werden Milliarden Euro in neue, wenig erprobte und deshalb teurere Technik investiert, um eine komplett neue Versorgungsinfrastruktur aufzubauen. Das funktioniert kaum ohne die finanzielle Förderung durch den Staat und die Umlage eines Teils der Kosten auf die Verbraucher. Beides allerdings muss streng kontrolliert und begrenzt werden, damit Stromproduzenten und Netzbetreiber keine ungerechtfertigten Extragewinne abschöpfen.

Wenn diese Bedingung erfüllt ist, stehen die Chancen gut, dass die Energiewende auch ökonomisch ein Erfolg wird. Schließlich bietet sie die einmalige Chance, dass wir uns von den schnell teurer werdenden fossilen Energieträgern weitgehend unabhängig machen.