Der Kampf mit dem schlechten Image

Die Güterverkehrsbranche bangt um ihre Zukunftsfähigkeit/ Zu wenig junge Menschen entscheiden sich für den Beruf des Lkw-Fahrers

In Deutschland könnte es bald einen Mangel an Brummifahrern geben. „Etwa 250.000 Berufsfahrer gehen in den nächsten zehn bis 15 Jahren in Rente“, rechnet Dirk Lohre, der Leiter des Instituts für Nachhaltigkeit in Verkehr und Logistik (INVL) der Hochschule Heilbronn vor. „Das entspricht 40 Prozent aller Lkw-Fahrer.“ Ausreichend Nachwuchs sei nicht in Sicht. Schuld daran seien unter anderem das negative Image des Frachtverkehrs und die schlechte Bezahlung.

Etwa 660.000 Berufskraftfahrer sind im Auftrag deutscher Unternehmen auf den Straßen unterwegs. Jedes Jahr entscheiden sich etwa 15.000 junge Menschen, den Beruf zu ergreifen. Etwa ein Viertel der Auszubildenden schmeißt die Lehre hin. Dabei  bräuchte die Branche 25.000 Azubis jährlich, um die Lücke zu schließen, die zwischen jenen, die in den Ruhestand gehen und jenen, die nachrücken, entsteht. „Die Transportbranche ist vom demografischen Wandel unverhältnismäßig stark betroffen“, sagt Logistikexperte Lohre. Im Schnitt gebe ein Brummifahrer seinen Beruf recht früh im Alter von 60 Jahren auf.

Besonders der negative Ruf des Berufsbildes hindert viele junge Menschen daran, eine Ausbildung als Lkw-Fahrer zu beginnen. Das zeigt eine aktuelle Studie, die unter anderem vom Automobilzulieferer ZF Friedrichshafen initiiert und vom INVL wissenschaftlich begleitet wurde. Fast die Hälfte der angehenden Fahrer denkt demnach, dass der Berufskraftfahrer in der Öffentlichkeit eher ein schlechtes Ansehen hat.

„Die Gesellschaft schätzt die Leistungsfähigkeit der Branche nicht ausreichend “, erläutert Lohre. Bei Lkw denke man eher an Elefantenrennen auf der Autobahn und nicht an die positiven Aspekte, wie etwa prompte Lieferungen von Internetbestellungen. Ebenso seien  die Arbeitszeiten und die Bezahlung ein Problem – sowohl für den Nachwuchs als auch für die Brummifahrer.

2.000 Euro brutto im Monat: So viel verdient ein Lkw-Fahrer im Schnitt. In Ländern wie Baden-Württemberg oder Bayern können es durchaus auch bis zu 2.500 Euro plus Spesen sein. Im Osten des Landes verdienen die Brummi-Lenker mit bis zu 1.600 Euro viel weniger.

Die Branche fürchtet nun um ihre Wettbewerbsfähigkeit: An mehreren Stellschrauben gelte es zu drehen. Zum einen müsste die Gesellschaft einsehen, dass die großen Transporter ihre Berechtigung auf der Straße hätten. „Wer Lachs aus Norwegen in Süddeutschland essen möchte, muss die Transportmittel akzeptieren“, sagt Werner Bicker, der Chef des EuroTransportMedia Verlags (ETM). Ebenso spiele die Politik eine wichtige Rolle, um für eine bessere Akzeptanz des Berufsbildes in der Bevölkerung zu sorgen und auch dafür, dass zum Beispiel die Verkehrsleitsysteme verbessert werden.

Auch die Unternehmen sieht man in der Pflicht. „Die Transportunternehmen müssen attraktivere Arbeitsbedingungen schaffen“, fordert INVL-Leiter Lohre. Wichtig seien Arbeitszeitkonzepte, die es den Brummifahrern erlauben, öfter ihre Familien zu sehen. Die Auftraggeber fordert die Branche indes auf, die Lkw-Fahrer besser zu behandeln und sie nicht nur als „Palettentauscher“ zu sehen. 

Übrigens würde der Studie zufolge, für die unter anderem rund 580 Berufskraftfahrer sowie 112 Nachwuchskräfte befragt wurden, mehr als die Hälfte der Lkw-Lenker ihren Beruf wieder wählen. Der Spaß am Fahren steht für viele im Vordergrund.