Banken sind keine dunklen Mächte

„Lasst die Banken pleitegehen!“ Dieser Ausspruch ist in der Euro-Krise öfters zu hören. Ungeahnte Turbulenzen könnten die Folge sein

Aus Zypern sehen wir jetzt erstaunliche Bilder. Menschen stehen vor Geldautomaten und bekommen kein Bares. Womit sollen sie nun einkaufen? Erstmal anschreiben lassen. Dann dem Metzger den Ehering verpfänden? Einen besseren Beweis, wie wichtig Banken sind, gibt es nicht. Vielleicht sollte man sie doch nicht pleitegehen lassen – auch wenn diese Forderung irgendwie plausibel klingt.

Es mag sein, dass manche Banken krumme Geschäfts machen. Aber darüber darf man ihre Funktion für den Alltag nicht vergessen. Geben die Bankautomaten längere Zeit keine Scheine aus und bekommen Firmen keinen Kredit, droht die Rückkehr zur Naturalwirtschaft. So geschehen in Argentinien zu Beginn der 2000er Jahre. Als das Land pleite war und die Banken geschlossen, schnitten Friseure die Haare im Tausch gegen ein Kilo Tomaten.

Das klingt lustig, ist aber katastrophal. In einer solchen Situation verliert ein Land schnell einen guten Teil seines Wohlstandes. Ohne die unterstützende Funktion der Bankgeschäfte können Unternehmen beispielsweise kaum Geschäfte abwickeln. Wie sollen sie Rechnungen bezahlen oder Löhne überweisen? Steht das Banksystem still, steigen Arbeitslosigkeit und Armut rasant an.

Das bedeutet nicht, dass Politiker den Finanzinstituten jeden Wunsch erfüllen müssen. So hat Deutschland die Münchner Pleitebank Hypo Real Estate (HRE) enteignet und in staatlichen Besitz übernommen. In Island stabilisierte die Regierung das Spar- und Kreditgeschäft der drei bankrotten Großbanken. Ihr spekulativer Wertpapierhandel wird dagegen allmählich liqudiert – unter überwiegender Enteignung der Gläubiger.

Um Banken sozialverträglich zu sanieren, kann man sie also in einen guten, sowie einen schlechten Teil aufspalten, und letzteren in die Insolvenz schicken. In der Europäischen Union und besonders im Euroraum sind dieser Strategie aber enge Grenze gesetzt. Denn die Banken verschiedener Staaten sind stark miteinander verflochten, sie leihen sich beispielsweise gegenseitig Milliarden Euro. Wollen die Regierungen aus diesem Netzwerk ein bankrottes Institut herausschneiden, müssen sie die Schäden für die gesunden Geldhäuser eindämmen. In Deutschland wurde deshalb die Variante der behutsamen Sanierung unter staatlicher Aufsicht mittels Steuergeld gewählt.

Auch die Forderung, den Staat Zypern pleitegehen zu lassen, hat Haken. Denn dort, ebenso wie in Mannheim, Freiburg, Ravensburg, Essen, Bielefeld oder Berlin bezahlt man mit der gemeinsamen Währung Euro. Was würde passieren, wenn erstmals ein Euro-Staat Bankrott anmeldete?

Könnte Zypern seine Schulden nicht mehr bedienen oder keine neuen Schuldscheine verkaufen, verlören internationale Investoren möglicherweise Vertrauen in den Euro insgesamt. Dann wären auch Deutschland und seine Bürger betroffen. Wenn der Wert des Euro sinkt, wird beispielsweise importiertes Erdöl teurer. Die Spritpreise steigen. Denkbar sind aber auch viel dramatischere Auswirkungen. Infolge einer Vertrauenskrise ziehen Investoren möglicherweise weiteres Geld aus Spanien, Portugal und Italien ab. Auch diese Staaten geraten dann unter erneuten Druck und brauchen Hilfe aus dem Norden. In der Konsequenz ginge es wieder darum, mit wieviel Milliarden Euro Deutschland bürgt. Da kann die aktuelle Zypern-Hilfe durchaus billiger sein.