Hersteller von Elektrogeräten und Textilien bauen Verschleiß und Defekt gleich mit ein, argwöhnen die Grünen
Ärgerlich, aber scheinbar normal: Ist die Herstellergarantie gerade abgelaufen, geht der Haushaltsmixer kaputt. Oder die Waschmaschine versagt ihren Dienst und lässt sich nur zu erheblichen Kosten reparieren. Solche Defekte hätten oft Methode, behaupten die Grünen im Bundestag. Auf der Basis einer umfangreichen Sammlung von Beispielen wirft Umweltpolitikerin Dorothea Steiner unter anderem den Herstellern von Elektrogeräten vor, die Kunden „durch geplanten Verschleiß zum Neukauf zu zwingen“.
Der Verdacht ist schwerwiegend. Herstellerfirmen würden Defekte in Produkte gezielt einbauen, um deren Lebensdauer zu verkürzen. Um diese These zu erhärten, haben die Grünen bei Spezialisten ein Gutachten in Auftrag gegeben. Autor Stefan Schridde betreibt den Verbraucherinformationsdienst „Murks? Nein Danke“, Christian Kreiß ist Ökonomie-Professor an der Hochschule für Technik und Wirtschaft in Aalen bei Stuttgart. Die Experten haben zahlreiche Beispiele zusammengetragen und analysiert.
Fernsehen und Computer
In diesen und anderen Geräten (Radios, Verstärker, Videorekoder) sind Elektrolytkondensatoren (Elkos) verbaut, die Spannung und Energie speichern. Oft reiche ihre Lebensdauer nur wenige Jahre, weil dann eine in ihnen enthaltene Flüssigkeit durch die umgebende Wärme verdampft sei, schreiben die Gutachter. Beständigere Kondensatoren für die elektronischen Schaltkreise zu verwenden, koste nur Cent-Beträge. Trotzdem installierten manche Hersteller die schwachen Bauteile.
Waschmaschinen
Nicht selten fallen die Heizstäbe in den Haushaltsgeräten erstaunlich schnell aus, beispielsweise indem sie rosten. Nach wenigen Jahren sind dann mitunter schon Reparaturkosten von mehreren hundert Euro zu verkraften.
Haushaltsmixer
Die beiden Rührbesen in Handmixern werden oft durch zwei Plastik-Zahnräder angetrieben. Weil diese aus zu weichem Kunststoff bestehen, schleifen die Zähne schnell ab. Die Folge: Die Rührbesen haben keine Kraft oder drehen sich überhaupt nicht mehr. Reparieren kann man sie auch oft nicht, weil das Wechseln der Zahnräder nur um den Preis der Zerstörung des umgebenden Mechnismus möglich ist.
Und so geht es in der Studie munter weiter, auch mit fehlerhaften Textilien und Schuhen. Zwei Haken allerdings hat das Gutachten. Erstens nennt man die fraglichen Firmen nicht mit Namen. So will man Rechtsstreitigkeiten vermeiden.
Außerdem liefern die Experten keine harten Beweise für die „geplante Obsoleszenz“ sondern nur starke Anhaltspunkte. Eine Sprecherin von Verbraucherministerin Ilse Aigner sagte am Mittwoch denn auch: „Wir haben keine Hinweise auf eingebauten Verschleiß.“ Ablehnend äußerte sich ebenfalls der Zentralverband der Elektronikindustrie, der Produktionsfirmen vertritt: „Im harten Wettbewerb kann sich kein Hersteller eine geplante Obsoleszenz leisten.“ Täte er es doch, würden die Verbraucher bessere Geräte bei anderen Produzenten kaufen, lautet das Argument. Nicht von der Hand zu weisen ist allerdings die entgegengesetzte Erklärung der Gutachter im Auftrag der Grünen. Unternehmen könnten Materialkosten sparen, indem sie die Haltbarkeit ihrer Produkte herabsetzten. Zudem kurbele diese Strategie, die viele Firmen verfolgten, den gesamten Absatz an.
Nicole Maisch, die verbraucherpolitische Sprecherin der Grünen, verlangt nun unter anderem die Änderung des Elektronikgerätegesetzes. Der Bundestag solle festlegen, das beispielsweise Akkus in Smartphones leichter ausgetauscht werden können. Heute sind sie oft fest verbaut. Könnten die Handynutzer hingegen verbrauchte Akkus selbst ersetzen, ließe sich die Lebensdauer manches Minicomputer erheblich verlängern.