Kneifende Latzhosen stören das Betriebsklima

Wenn sich Mitarbeiter nicht in ihrer Arbeitskleidung wohl fühlen, leidet die Atmosphäre/ Berufsoutfits dürfen heute längst modisch und bequem sein

Jeden Ziegelstein verfluchte Maurer Meier. Die Wut, kam in ihm auf. Meier maulte den ganzen Tag, aber nicht wegen seiner Arbeit. Vielmehr brachte ihn seine grüne Latzhose zur Weißglut. Schon seit dem frühen Morgen scheuerte sie an einer höchst unangenehmen Stelle. Dies bekamen seine Kollegen nun durch schlechte Laune zu spüren. So wirkt sich ungeeignete Berufskleidung schnell negativ auf das Betriebsklima aus. Das wissen die Hersteller von Arbeitstextilien und setzen deshalb auf angenehm tragbare Materialien und modische Kollektionen. Stretchstoffe verhindern Hautabschürfungen und Strasssteinchen machen aus langweiligen Arztkitteln fesche Hingucker.

„Betriebskleidung ist hoch emotional“, erklärt der Marketingleiter des Berufskleidungsherstellers Bierbaum-Proenen, Jahn Werner.
„Menschen identifizieren sich heute mehr als früher mit ihrer Garderobe und wollen sich wohl fühlen.“ Wurde Arbeitskleidung früher vornehmlich unter dem Aspekt „Schutz vor Schmutz“ produziert, so geht sie heutzutage ganz mit der Mode. Vorbei sind die Zeiten monotoner Einheitsgrößen. Spezielle Damen-, Herren- oder Unisexpassformen bereichern den Markt. Auch das klassische Königs-Blau wird immer weniger Belegschaften aufgebrummt. „Heute präsentieren sich Unternehmen öfter in Grau oder Schwarz“, so Werner. „Die Mitarbeiter tragen Polos und Shirts unter dem Blouson, der Weste oder dem Mantel.“

Immer individueller wird die Welt der Berufsmode. Mediziner treten heute nicht mehr länger ganz im sterilen Weiß auf. Bunte Kontrastnähte, Stickereien oder gar Strassbändchen zieren ihre Kittel. Und Bauarbeiter werkeln inzwischen schon mal in Streetwear-Optik. Voll im Trend liegen sie, wenn sie im angesagten Jeanslook ihre Schaufeln und Hämmer schwingen. „Eigentlich eignet sich Jeansstoff nicht für Arbeitskleidung, weil er aus Baumwolle und nicht robust genug ist“, so Marketingchef Werner. Doch habe das Unternehmen einen jeansähnlichen Stoff aus Mischgewebe entwickeln können. Eine Erfindung, die reißenden Absatz findet.

Neuartige Stoffe und besondere  Schnitte: Firmenchefs haben eine immer größere Auswahl, wenn sie Mitarbeiter für Jobs ausstaffieren möchten. Gleichzeitig setzen die Unternehmensbosse immer mehr auf ein einheitliches Erscheinungsbild. Corporate Design wird bei Betriebskleidung immer wichtiger. Konzerne lassen heute nicht mehr länger nur das  Briefpapier mit dem hauseigenen Logo versehen. Auch die Beschäftigten bekommen das Emblem an den Hemd- oder Blusenkragen gestickt. „Mit den richtigen Farben und dem sichtbar angebrachten Firmen-Logo werden die Unternehmen als Marke wahrgenommen“, so Werner. Die Träger der Kleidung wiederum, fühlen sich als Bestandteil des Unternehmens. Das stiftet  Identität.

Modisch soll sie heute also sein, die Berufskleidung. Doch wie treten Beschäftigte perfekt auf, wenn sie freie Wahl beim Arbeitsoutfit haben? Elke Giese, Ressortleiterin für Mode und Interior beim Deutschen Modeinstitut in Köln, kennt die Spielregeln für ein korrektes Erscheinungsbild: Gedeckte Farben, gerade Schultern und Schnitte, die nicht zu leger daherkommen. „Grellbunt wirkt nicht sehr Respekt einflößend“, so die Modeexpertin. Und wer gerade Schultern zeige, dem werde mehr zugetraut. Schließlich suggeriere ein solches Auftreten: ,Das kann ich schultern’. Und noch einen weiteren Spruch weiß Giese in die Modewelt einzuordnen. „ ,Eine weiße Weste haben’ funktioniert auch bei Hemden, denn helle Farben strahlen Vertrauen aus.“

Freilich hängt es von der Branche und vom Arbeitgeber ab, wie leger Mann oder Frau sich gegenüber den Kollegen präsentieren darf. Wenn ein Rechtsanwalt seine Kunden in roten Socken und braunen Hochwasserhosen begrüßt, dürften diese sich weniger erfreut zeigen. Ein Stararchitekt, der im selben Outfit seinen neusten Entwurf präsentiert, unterstreicht damit hingegen seine Kreativität. Businesskleidung verlangt Fingerspitzengefühl. Expertin Giese gibt zu Bedenken: „Wer zu leger und zu sehr ,aus der Form’ auftritt, strahlt wenig Autorität aus.“ Für Frauen hat die Modeexpertin einen ganz besonderen Tipp: Kleid und Blazer liegen derzeit voll im Trend – als Alternative zu Hosenanzug oder Kostüm.