„Für bestimmte Maschen sind Senioren eine ,günstige’ Zielgruppe“

Wenn Fremde mit Geschenken locken, wollen sie nur das Beste: nämlich das Geld ihrer Opfer. Mit welchen trickreichen Methoden Betrüger dabei vorgehen, weiß Uwe Stürmer. Der 47-Jährige ist Dienststellenleiter der Polizeidirektion Ravensburg.

Frage: Herr Stürmer, haben Betrüger eigentlich neue Tricks, wenn sie ältere Menschen „über’s Ohr hauen“ wollen?

Uwe Stürmer: Ganz neue Maschen sind uns aktuell nicht untergekommen. Das Problem ist, dass viele Tricks in der Bevölkerung nicht bekannt sind. Deshalb fallen immer wieder Personen darauf herein. Oft ziehen die Betrüger ihren Opfern gleich mehrere Tausend Euro aus der Tasche, zum Beispiel mit dem Enkeltrick. Hier werden die Betrüger auch immer einfallsreicher.

Stürmer: Frage: Wie gehen Betrüger beim Enkeltrick denn heute vor?

Stürmer: Mit den Worten „Hallo, weißt du wer am Telefon ist?“ rufen Betrüger bei Senioren an. Sie geben sich als vermeintlicher Enkel aus und wollen sich wegen einer Notlage Geld leihen. Eine besonders perfide Masche: Fallen Senioren nicht auf diesen Trick herein, erfolgt ein zweiter Anruf. Am Telefon ist dann angeblich die Kriminalpolizei, die dem Betrüger schon auf der Spur sei. Der Betroffene holt gutgläubig das Geld von der Bank. Egal wem er es dann gibt, dem „Enkel“ oder den „Kriminalbeamten“ – das Geld ist weg.

Frage: Werden denn ältere Menschen häufiger Opfer von Betrügern?

Stürmer: Normalerweise sind Ältere von Kriminalität weniger betroffen. Aber für bestimmte Maschen wie den Enkeltrick oder Kaffeefahrten sind Senioren eine „günstige“ Zielgruppe, weil gezielt altersbedingte Schwächen wie mangelndes Erinnerungs- und Sehvermögen sowie Gutgläubigkeit ausgenutzt werden.

Frage: Ist es denn erlaubt, jemanden mit falschen Versprechungen auf eine Verkaufsveranstaltung zu locken? Das wird ja bei den Kaffeefahrten gemacht.

Stürmer: Es ist unzulässig, mit etwas zu locken, was später nicht eingehalten wird. Wenn sich das versprochene „opulente Vesperpaket“ als Dose Bohnen entpuppt, können die Teilnehmer  theoretisch dagegen klagen. Häufig sichern sich die Veranstalter jedoch im Kleingedruckten ab. Dort steht dann zum Beispiel „oder ein ähnliches Produkt“. Oft werden trickreiche Formulierungen gewählt. So wird beispielsweise allen Kunden einer Kaffeefahrtveranstaltung ein Fernseher versprochen. Bei der Veranstaltung wird dann aber nur Kunde, wer kauft. Alle anderen Teilnehmer werden als Gäste bezeichnet und gehen leer aus, obwohl das ein Verstoß gegen das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb ist.

Frage: Und wie können sich Verbraucher gegen Abzocker wehren?

Stürmer: Betrüger setzen ihre Opfer oft unter Zeitdruck und wollen sie nicht zum Nachdenken kommen lassen. Bei Haustürgeschäften ist es hilfreich, sich die Vertragsunterlagen geben zu lassen, eine Vertrauensperson hinzuzuziehen und eine Nacht drüber zu schlafen. Wer sich hat überrumpeln lassen, kann solche Geschäfte innerhalb von 14 Tagen widerrufen. Und wer auf einer Kaffeefahrt in einen Raum gedrängt und unter Druck zum Kauf gedrängt wird, kann per  Handy die Polizei verständigen.

Frage: Viele ältere Menschen haben aber gar kein Mobiltelefon. Was sollen sie in solch einem Fall machen?

Stürmer: Sie sollten ganz klar sagen, dass sie nichts kaufen werden. Im Grund kann ich vor solchen Veranstaltungen nur warnen. Wer dort etwas kauft, macht in aller Regel kein gutes Geschäft. Diese Veranstalter haben nichts zu verschenken. Die Waren sind oft minderwertig oder überteuert. Es gibt zwar ein Rückgaberecht. Weil die Organisatoren aber oft aus dem Hintergrund heraus agieren und keine Postanschrift bekannt ist, kann der Anspruch oft nicht durchgesetzt werden.

Bio-Box: Uwe Stürmer (47) leitet seit 2007 die Polizeidirektion Ravensburg. Schon seit 30 Jahren ist er bei der Polizei tätig. Zuvor war er mehrere Jahre im Innenministerium Baden-Württemberg für die Kriminalprävention zuständig.