Gerade auf ältere Menschen haben es Gauner abgesehen/ Opfer von Kriminellen sollten Strafanzeige erstatten
„Herzlichen Glückwunsch! Sie haben gewonnen“ trällert die Stimme aus dem Telefonhörer. Wer jetzt neugierig am Apparat bleibt, gewinnt nicht etwa. Ganz im Gegenteil: er verliert. Nach wie vor locken Trickbetrüger vor allem Senioren in ihre Fänge. Sie schwatzen ihnen Kontodaten ab oder ungewollte Verträge auf. Auch Schwindelbriefe mit Gewinn- und Reiseversprechen verstopfen immer stärker die Briefkästen der Haushalte. Verbraucherschützer zeigen sich über die miesen Machenschaften der Kriminellen verärgert – und entdecken immer wieder neue Maschen.
Das Porzellanservice auf der Kaffeefahrt sollte geschenkt sein, umsonst war es dennoch nicht. Denn behalten durften die vermeintlichen Gewinner das Geschirrset nur, wenn sie es mit einer persönlichen Gravur versehen ließen –
für 4.000 Euro. Diese doch recht einfallsreiche Masche kam kürzlich der Verbraucherzentrale Hamburg zu Gehör. Das Widerspruchsrecht wollten die Gauner obendrein noch umgehen: Die Verzierung mache die Garnitur zu „einer persönlichen Anfertigung“ argumentierten die Betrüger. „Das Ganze ist völliger Quatsch“, urteilt die Rechtsexpertin der Verbraucherzentrale Edda Castelló über das Angebot. Schließlich sei das Material minderwertig und die Gravur vollkommen überteuert.
Selbst öffentliche Einrichtungen sind nicht davor gefeit, von Abzockern ausgenutzt zu werden. Die ARD warnte kürzlich vor einer besonders dreisten Betrugsmasche: Verbrauchern wurde am Telefon ein Gewinnbetrag von 330 Euro in Aussicht gestellt – im Zusammenhang mit einer angeblichen ARD-Jubiläumsshow. Gleichzeitig fragten die Betrüger Kontodaten und Geburtstag des Angerufenen ab. Inzwischen hat die öffentlich rechtliche Fernsehanstalt die Kriminalpolizei eingeschaltet.
Gerade auf ältere Menschen haben es die Telefonbetrüger abgesehen. „Senioren sind oft zu höflich, dazu vielleicht noch schwerhörig, und sie beenden das Gespräch nicht vorzeitig“, erläutert Juristin Castelló. Außerdem sei es leicht, im Telefonbuch nach alt klingenden Namen zu suchen. Elfriede oder Wilfried treffen eben eher auf Ältere zu als Benjamin oder Marc. „Häufig haben Rentner Angst, sich jemanden anzuvertrauen, wenn sie sich am Telefon einen Vertrag aufschwatzen lassen oder ihre Kontodaten preis gegeben haben“, so Castelló. Dabei sei es wichtig, mit der Familie darüber zu reden oder sich der Verbraucherzentrale anzuvertrauen.
Wer am Telefon überrumpelt wird und seine Bankdaten herausrückt, muss damit rechnen, dass die „Datendiebe“ auf sein Konto zugreifen. Gerade in einer solchen Situation sollten Betroffene ihr Konto besonders akribisch im Blick haben. „Unberechtigte Abbuchungen können zurück gebucht werden“, erläutert Evelyn Keßler von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg. Dazu gebe es die Möglichkeit, sich bei der Bank zu erkundigen, ob es mit dem Unternehmen, das die Lastschrift veranlasst hat, schon öfter Probleme gegeben hat. Dazu können Verbraucher auch Strafanzeige bei der Polizei stellen.
Die Stuttgarter Verbraucherschützer sind gerade selbst ins Visier von Abzockern geraten. „Den Namen der Verbraucherzentrale missbrauchen derzeit Anrufer, die telefonisch über Gewinne informieren oder frech behaupten, gegen Bezahlung unerwünschte Werbeanrufe zu unternehmen“, warnt Keßler. Von der Politik zeigen sich die Verbraucherschützer enttäuscht. Zwar gebe es das Gesetz zur Bekämpfung unerlaubter Telefonwerbung. Doch das sei nur ein „Papiertiger“.
Rein rechtlich dürfen Unternehmen ohne vorherige Einwilligung nicht bei den Haushalten anrufen. Und eigentlich ist es auch verboten die Rufnummer zu unterdrücken. Harte Strafen von mehreren Tausend Euro müssten die Firmen in diesen Fällen zahlen. Doch das Gesetz scheint nicht zu wirken. Bundesweit haben sich Zigtausende seit dessen Einführung im August 2009 bei den Verbraucherzentralen beschwert. Dabei kam eine interessanteste Betrugsmasche ans Licht: Selbst wenn eine Nummer auf dem Display angegeben ist, heißt das noch lange nicht, dass diese auch zurückgerufen werden kann. „In zwei Fällen wurde uns berichtet, dass „Diese Rufnummer ist nicht vergeben“ aus dem Hörer tönte, als die Betroffenen versuchten zurückzurufen“, so Keßler.
Eine Liste mit über 500 dubiosen Gewinnspielfirmen haben die Hamburger Verbraucherschützer zusammengestellt. Im Internet unter www.vzhh.de ist sie zu finden (Stichwortsuche: „Gewinnspiele“).