Stiftung Warentest: Viele Apotheken arbeiten mangelhaft. Verbraucherschützer kritisieren schlechte Beratung
Der Ratschlag „Zu Risiken und Nebenwirkungen fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker“ hat häufig keinen Sinn. Das zeigt die aktuelle Untersuchung, die die Stiftung Warentest am Donnerstag in Berlin vorgestellt hat. In den vergangenen Monaten haben die Tester 50 Apotheken in Deutschland aber auch in den Niederlanden unter die Lupe genommen. Elf Geschäfte erhielten ein „mangelhaft“, darunter acht Versandapotheken. „Vielfach informieren Fachkräfte falsch über Arzneimittel“, erklärt Hubertus Primus, Chefredakteur der Zeitschrift test, die schlechten Ergebnisse. „Oft erkannten sie die Wechselwirkungen zwischen Medikamenten nicht – trotz einfacher Problemstellung und gezielter Nachfrage der Testkunden.“
Insgesamt 23 Versand- und 27 Vor-Ort-Apotheken in Berlin, Essen, Nürnberg und Augsburg haben die Tester untersucht. Dabei wählten sie ausschließlich Vor-Ort-Apotheken, die zu bundesweit agierenden Apothekenkooperationen wie zum Beispiel meine apotheke oder Linda gehören. Perfekt schnitt keine einzige ab. Die Note „gut“ gab es für sieben Vor-Ort-Apotheken. Testsieger ist die Apotheke am Westbahnhof in Essen (meine apotheke).
Die Versandapotheken schnitten deutlich schlechter ab. Vier „befriedigenden“ Versendern –
mediherz, mycare, Parcelmed und shopapotheke –
stehen elf „ausreichend“ und acht „mangelhaft“ bewertete Versandapotheken gegenüber. Auch DocMorris schneidet nur mit „ausreichend“ ab. „Fast schon als Katastrophe“ bezeichnet Chef-Untersucher Holger Brackemann das Ergebnis der Versandapotheken. Für die Vor-Ort-Apotheken bilanziert er: „nicht wirklich gut".
Insgesamt siebenmal wurde jede einzelne Apotheke von geschulten Testern entweder persönlich aufgesucht, per Brief oder telefonisch kontaktiert. „Wir haben fachliche Aufgaben gestellt“, erläutert Primus. „Es ging vor allem um die Beratung zu Medikamenten, außerdem um die Herstellung einer Rezeptur. Daneben haben wir den Service geprüft.“
Große Lücken zeigten einige Apotheken bei der Beratung, so etwa bei der Frage nach Medikamenten für ein drei Jahre altes Mädchen mit Fieber und Schnupfen. Oft unterblieb die Gegenfrage zum aktuellen Gesundheitszustand der Kleinen und häufig interessierte nicht einmal die Höhe des Fiebers. Gar keinen Rat gab es in der Leipziger Apotheke in Berlin (vivesco). Darüber hinaus hielten sich einige Apotheken nicht an die Pflicht, Rezepturen herzustellen: In der easyApotheke in Berlin wurde es abgelehnt, eine Mixtur gegen Juckreiz herzustellen – notwendige Bestandteile wären nicht vorrätig. Auch acht Versender lehnten ab, mit unterschiedlichen Begründungen.
Einen „Silberstreif am Horizont“ sehen die Warentester allerdings: die Preise. So verkauften easy- und farma-plus-Apotheken die Medikamente fast immer billiger als vom Hersteller empfohlen, DocMorris- und Guten-Tag-Apotheken in mehr als jedem zweiten Fall. Im Schnitt lagen die Versandapotheken im Preisvergleich vorn. Manchmal war auch die Vor-Ort-Apotheke die günstigere Wahl. Das zeigt: Ein Preisvergleich lohnt sich.
Die Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA) bezweifelt indes, dass die Warentester wissenschaftlich korrekt gearbeitet haben. „Die Testfälle, sind nicht immer eindeutig“, so die stellvertretende Pressesprecherin Ursula Sellerberg. „Wir können teilweise nicht nachvollziehen, wie die Stiftung Warentest in ihren Untersuchungen vorgegangen ist.“
Im Vergleich zu vorherigen Tests haben die Vor-Ort-Apotheken besser, die Versandapotheken deutlich schlechter abgeschnitten